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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Werden starke Leitlinienempfehlungen bei schwacher Evidenz begründet? Eine Analyse evidenzbasierter Asthma- und Brustkrebsleitlinien

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Sandra Diekmann - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland
  • author Ulrich Siering - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland
  • author Alric Rüther - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmE1e

doi: 10.3205/15ebm030, urn:nbn:de:0183-15ebm0304

Veröffentlicht: 3. März 2015

© 2015 Diekmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Wenn starke Leitlinienempfehlungen auf schwacher Evidenz beruhen, muss dies besonders begründet werden – so die Forderung aus Leitlinienmanualen. In mehreren Untersuchungen von Leitlinien einzelner Fachgesellschaften wurde nicht nur gezeigt, dass eine hohe Zahl starker Empfehlungen auf schwacher Evidenz beruht, sondern auch, dass dieses Vorgehen in den Leitlinien oft nicht ausreichend begründet wird. Bisher wurde nicht untersucht, ob dieser Befund auch für Leitlinien unterschiedlicher Fachgesellschaften zu einer Krankheitsentität gilt.

Fragestellung: Wie häufig sind starke Empfehlungen aus evidenzbasierten Asthma- und Brustkrebsleitlinien unterschiedlicher Ersteller mit schwacher Evidenz hinterlegt? Erfolgte in diesen Fällen eine besondere Begründung durch die Leitlinienautoren?

Material/Methoden: Eine systematische Recherche nach Asthma- und Brustkrebsleitlinien wurde in Leitliniendatenbanken, bei fachübergreifenden und -spezifischen Leitlinienanbietern für den Zeitraum von November 2007 bis August 2013 durchgeführt. Ein wesentliches Einschlusskriterium war die Evidenzbasierung der Leitlinien. Es wurden alle Empfehlungen der relevanten Leitlinien extrahiert und dokumentiert, welcher LoE und / oder GoR den Empfehlungen zugrunde liegt. Für die Empfehlungen mit starkem GoR und schwachem LoE wurde geprüft, ob eine Begründung für die Formulierung einer starken Empfehlung auf schwacher Evidenz gegeben war.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 38 evidenzbasierte Leitlinien (Asthma: 12; Brustkrebs: 26) identifiziert und 2.448 Empfehlungen extrahiert (Asthma: 1.062; Brustkrebs 1.386).

Auf nur 24 Empfehlungen (1 %) trifft die Kombination starker GoR – schwacher LoE zu. Von diesen sind 11 Empfehlungen nicht begründet und 13 ganz oder teilweise begründet.

Zu den Begründungen zählten unter anderem Hinweise auf ein mögliches hohes Risiko für den Patienten, insbesondere wenn gleichwertige Behandlungsalternativen vorhanden sind, oder Hinweise auf Nutzen in einer lebensbedrohlichen Situation.

Schlussfolgerung: Der Anteil starker Empfehlungen mit schwacher Evidenz ist in evidenzbasierten Asthma- und Brustkrebsleitlinien sehr gering. Für mehr als die Hälfte der Empfehlungen liegen zudem Begründungen für diese Verknüpfung vor. Entgegen der Ergebnisse anderer Studien ist die Verknüpfung von starken Empfehlungen mit schwacher Evidenz und das Fehlen entsprechender Begründungen in evidenzbasierten Asthma- und Brustkrebsleitlinien kein wesentliches Problem.