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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Von Leitlinienempfehlungen zur patientenverständlichen Entscheidungshilfe: Entwicklungsprozess und Evaluation am Beispiel einer Entscheidungshilfe zu Depressionen

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Sarah Liebherz - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • author Lisa Tlach - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • author Sylvia Sänger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • author Martin Härter - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland
  • author Jörg Dirmaier - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmE1c

doi: 10.3205/15ebm028, urn:nbn:de:0183-15ebm0282

Veröffentlicht: 3. März 2015

© 2015 Liebherz et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Im Rahmen psychischer Erkrankungen gibt es zahlreiche Behandlungsentscheidungen. Um Patienten zu kompetenten Behandlungspartnern zu machen, sind evidenzbasierte und patientenverständliche Patienteninformationen und Entscheidungshilfen wirkungsvoll. Cochrane-Reviews zeigen positive Effekte von Entscheidungshilfen, deutschsprachige Tools zu psychischen Erkrankungen fehlen bislang. Im Beitrag wird der Entwicklungsprozess einer Entscheidungshilfe zum Thema Depressionen beschrieben und der subjektive Nutzen dargestellt.

Methode: Im Rahmen des Projekts psychenet – Hamburger Netz psychische Gesundheit werden interaktive Online-Entscheidungshilfen auf Basis von internationalen Qualitätsstandards (International Patient Decision Aid Standards (IPDAS) Collaboration) entwickelt und evaluiert; Präferenzen von Betroffenen, Angehörigen und Experten wurden zuvor in Fokusgruppen sowie einer Online-Befragung erhoben. Eine Entscheidungshilfe zum Thema Depression steht online im Webportal www.psychenet.de bereit, eine Befragung zu deren Nutzen läuft aktuell.

Ergebnisse: Die Inhalte (allgemeine Informationen zur Erkrankung, zur Behandlung sowie Selbsthilfetipps und ein Tool zur Einschätzung der individuellen Behandlungspräferenzen) orientieren sich an der aktuellen S3-/Nationalen VersorgungsLeitlinie „Unipolare Depression“ und den Ergebnissen der Befragungen. Zudem wurden Betroffene und Experten direkt in den systematischen Entwicklungsprozess einbezogen. Betroffene mit Depressionen gaben in der Befragung v.a. die Entscheidung über das Behandlungssetting (ambulant oder stationär; 43%), über die Einnahme von Medikamenten (42%) bzw. über Änderung der Medikation (43%) sowie die Frage, ob sie eine Psychotherapie beginnen sollen oder nicht (39%) als schwierig an. Die in der Leitlinie bei mittelschweren Depressionen relevante Entscheidung, ob die Behandlung mit Antidepressiva oder Psychotherapie durchgeführt werden soll, empfinden die Betroffenen seltener als schwierig (11%).

Schlussfolgerung: Die Einbeziehung von Betroffenen hat sich als praktikabel und hilfreich erwiesen, um Gesundheitsinformationen verständlich aufzuarbeiten. Eine besondere Herausforderung bestand darin, diese sowohl sachlich und evidenzbasiert darzustellen als auch dem Bedürfnis der Betroffenen nach weniger nüchtern dargestellten Fakten sowie nach konkreten Tipps (z.B. Selbsthilfe, Lebensgestaltung), welche weniger von Leitlinien fokussiert werden, nachzukommen.