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Komplexe Interventionen – Entwicklung durch Austausch: 13. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

15.03. - 17.03.2012, Hamburg

Empirische Evidenz zur Verbreitung und Praxis individueller Gesundheitsleistungen – Ein HTA-Bericht

Meeting Abstract

Komplexe Interventionen – Entwicklung durch Austausch. 13. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Hamburg, 15.-17.03.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12ebm073

doi: 10.3205/12ebm073, urn:nbn:de:0183-12ebm0733

Veröffentlicht: 5. März 2012

© 2012 Hunger et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information beauftragte dieses Health Technology Assessment (HTA) zu Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Bei IGeL handelt es sich um ärztliche Leistungen, die nicht der Leistungspflicht der GKV unterliegen.

Untersucht wurden die empirischen Daten zu Angebot, Inanspruchnahme, Praxis, Akzeptanz, Arzt-Patient-Verhältnis und ökonomischer Bedeutung von IGeL für GKV-Versicherte im ambulanten Bereich, sowie die ethischen, sozialen und rechtlichen Aspekte, die mit IGeL verbunden sind.

Material und Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche nach empirischen Primärstudien zu IGeL sowie Publikationen zu ethischen, sozialen und rechtlichen Aspekten durchgeführt. Die Referenzen wurden nach vorab festgelegten Kriterien von zwei Autoren unabhängig voneinander geprüft und in die Informationssynthese ein- oder ausgeschlossen. Die Studienqualität wurde standardisiert bewertet und die Ergebnisse in Übersichtstabellen zusammengefasst.

Ergebnisse: Von 1344 Referenzen wurden 571 Texte im Volltext geprüft und 64 eingeschlossen. Davon waren 31 Publikationen von empirischen Studien zu IGeL und 33 Publikationen, die zur Untersuchung ethischer, rechtlicher und sozialer Aspekte herangezogen wurden.

Zwischen 19% und 53% der Versicherten wurden vom Arzt IGeL angeboten, wovon dreiviertel auch durchgeführt wurden. 16% bis 19% der Versicherten haben selbst IGeL nachgefragt. Die Augeninnendruckmessung ist die häufigste IGeL und macht bis zu 40 % der Angebote aus. Es folgen Ultraschalluntersuchungen, mit bis zu 25% der Angebote. Weiter sind Krebsfrüherkennungsuntersuchungen und Blut- und Laboruntersuchungen häufige Angebote und machen einen Großteil der Nachfrage aus.

Die ethischen, sozialen und rechtlichen Aspekte, die im Zusammenhang mit IGeL diskutiert werden, betreffen souveräne Patientenentscheidung versus Angebotsinduktion, Kommerzialisierung der Medizin, Aufklärungs- und Informationspflicht, Patientennutzen und Evidenz, Rollen und Verhältnis von Arzt und Patient, Verhältnis zum GKV-System, soziale Ungleichheit und korrekte Leistungserbringung.

Schlussfolgerung: Die Erbringung von IGeL sollte transparent gemacht und unabhängige evidenzbasierte Patienteninformationen bereitgestellt werden. Außerdem müssen IGeL als Teil der allgemeinen Diskussion um die Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Gesundheitssystems betrachtet werden.