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Evidenz für Innovationen – was – wann – auf wessen Kosten ?
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Veröffentlicht: | 5. März 2009 |
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Die kritische Hinterfragung diagnostischer und therapeutischer Prozeduren ist notwendiger denn je. Die lange Liste historischer Beispiele medizinischer Irrtümer findet aktuell zwanglos weitere Fortsetzung, wie z.B. mit den Verfahren der Hochdosis-Chemotherapie beim Mammakarzinom oder auch der Hormonersatztherapie in der Menopause, die den Patientinnen mehr schadet als nützt.
Es besteht fachlicher Konsens, dass die Anwendung von Innovationen ohne gesicherte wissenschaftliche Daten zu Nutzen und Risiken außerhalb klinischer Studien nur in Ausnahmefällen vertretbar ist. Grundsätzlich müssen vor breiter Anwendung Nutzen und Risiken anhand patientenrelevanter Endpunkte, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität evaluiert sein.
Die gesetzlichen Regelungen in Deutschland entsprechen nicht diesen Anforderungen. Nur für den ambulanten Bereich ist der Nutzennachweis vor der Anwendung von Innovationen verpflichtend geregelt, für Patienten in der stationären Versorgung gibt es diese Vorgabe nicht.
In der neueren Rechtssprechung des BSG wird deshalb auf die Geltung des Qualitätsgebots im stationären Bereich und die Übertragung von Nutzen-Beurteilungen aus dem ambulanten Bereich verwiesen.
Aus Vorgaben des ambulanten Bereiches entwickelt stellt der GBA mittlerweile die Anforderung, Nutzennachweise sektorübergreifend durch Unterlagen der Evidenzstufe 1 mit patientenbezogenen Endpunkten zu führen. Beispiele aus Beratungen des GBA z.B. zur PET, zur Balneophototherapie oder selbst zur Akupunktur zeigen, dass entgegen anderslautenden Behauptungen solche patientenrelevante Endpunkte sowohl für diagnostische als auch therapeutische Methoden sehr gut in hochwertigen RCTs zu untersuchen sind.
Problematisch stellt sich der prospektive Nutzennachweis für Screeningmaßnahmen dar. Denn die als Endpunkt zu untersuchende Mortalitätsreduktion ist hier nur über (sehr) lange Beobachtungszeiträume nachweisbar. Deshalb müssen .klinisch relevante Surrogatparameter Berücksichtigung finden, wie z.B. die Vorverlagerung des Diagnosezeitpunkts einer malignen Erkrankung.
Im Ergebnis ist die Eingangsfrage wie folgt zu beantworten:
Nutzen und potentielle Risiken von Innovationen sind vor Einführung in die Regelversorgung durch RCTs anhand patientenrelevanter Endpunkte zu belegen.
Die Kosten für diese Studien sind – wie bei Arzneimitteln und Medizinprodukten – von den Herstellern bzw. Anbietern der Innovationen zu tragen.