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Evidenz und Entscheidung: System unter Druck
10. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

05.03. - 07.03.2009 in Berlin

Priorisierung in der Medizin – EbM als Allokationskriterium medizinischer Leistungen. Ergebnisse einer qualitativen Studie

Meeting Abstract

Evidenz und Entscheidung: System unter Druck. 10. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 05.-07.03.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09ebmP9.4

doi: 10.3205/09ebm094, urn:nbn:de:0183-09ebm0947

Veröffentlicht: 4. März 2009

© 2009 Schnoor et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund

Neue, teure Entwicklungen in der Medizin-Technologie sowie eine alternde Gesellschaft lassen den Bedarf an Gesundheitsleistungen steigen und führen zu einem Finanzierungsproblem der gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Daher wird u. a. diskutiert, ob nur noch Leistungen, für deren Wirksamkeit ein wissenschaftlicher Nachweis vorliegt, von der GKV finanziert werden sollten. Im Rahmen der DFG-Forschergruppe FOR655 wurden in relevanten Interessengruppen Präferenzen hinsichtlich der Verteilung medizinischer Leistungen erhoben.

Methoden

Mittels teilstandardisierter Leitfadeninterviews wurden Gesunde (n=9), Erkrankte (n=12), Ärzte/innen (n=7), Pflegepersonal (n=6), Politiker/innen (n=5) sowie Vertreter der GKV (n=6) nach ihren Präferenzen hinsichtlich der Verteilung medizinischer Leistungen, befragt. Die Interviews wurden inhaltsanalytisch und darauf aufbauend frequenzanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse

Von den 45 Interviewten waren 57,8% männlich. Das durchschnittliche Alter lag bei 46,8 ± 15,3 Jahren (19 bis 70 Jahre). 68,9% waren gesetzlich krankenversichert. Obwohl der therapeutische Nutzen als Kriterium für die Allokation medizinischer Leistungen häufig genannt wurde, sprachen sich insgesamt 51,1% der Befragten dagegen aus, Behandlungen, deren Wirksamkeit nicht durch wissenschaftliche Studien belegt wurde, aus dem Leistungskatalog der GKV auszuschließen. Vor allem Erkrankte (75%), aber auch Politiker (60%) und Mitarbeiter der GKV (66,7%) lehnten eine solche Regelung ab, während die befragten Ärzte/innen (57,1%) und das Pflegepersonal (50,0%) eine solche Regelung befürworteten. Finanzielle Ressourcen aus der Patientenversorgung in die Entwicklung und Umsetzung von Leitlinien umzuverteilen wurde von den befragten Ärzten/innen (85,7%), Politiker/Innen (80,0%) und dem Pflegepersonal (66,7%) jedoch abgelehnt, von den Gesunden und Erkrankten (66,7% bzw. 58,3%) dagegen befürwortet.

Schlussfolgerung/Implikation

Eine Beschränkung der Finanzierung auf medizinische Leistungen, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist, wurde nur von einer Minderheit der Befragten akzeptiert. Ob sich diese Ergebnisse auf die gesamte Bevölkerung generalisieren lassen, soll in einer nachfolgenden quantitativen Untersuchungsphase erforscht werden.