Artikel
Neu- und Fehl-Entwicklungen – hilft EbM wirklich? Ein „historischer“ Rückblick
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 4. März 2009 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund
Die rasante Entwicklung neuer Therapieformen in der Onkologie und deren breite Anwendung führt einerseits zu einer Kostensteigerung anderseits zu Befürchtungen, dass Krebspatienten wegen des zunehmenden Spardrucks von hilfreichen Therapien ausgeschlossen werden könnten.
Sogenannte Wachstumsfaktoren waren mit die ersten Substanzen, die gentechnisch hergestellt wurden und in den neunziger Jahren eine „biotechnologische Euphorie“ auslösten. Der Wachstumsfaktor Epoetin ist der Faktor mit dem verbreitesten Indikationsgebiet und wird zurzeit meist zur Behandlung der Anämie eingesetzt. Nach anfänglichen Studienberichten, die neben einer positiven Beeinflussung der Anämie auch einen positiven Einfluss auf den Verlauf der eigentlichen Krebserkrankung postulierten wird heute die therapeutische Sicherheit des Medikaments in Frage gestellt.
Methoden
Vergleich der Ergebnisse verschiedener, in den letzten 10 Jahren publizierter Reviews und Studien und eines lfd. Reviewprojekts [1].
Ergebnisse
Während die ersten Meta-Analysen die Erwartungen bezüglich eines Einflusses auf die zugrundeliegende Krebserkrankung zu bestätigten schienen (Hazard Ratio für den Vergleich Kontrolle versus Epoetin bezüglich Gesamtüberleben im Jahr 2004: 0.81, 95% KI 0.67–0.99; basierend auf Ergebenissen von 27 Studien [2]), zeigten spätere Analysen eine kontinuierlicher Verschlechterung des klinischen Ergebnisses (HR im Jahr 2006: 1.08, 95% KI 0.99–1.18; 42 Studien [3]) und zuletzt (HR im Jahr 2008 1.10, 95% KI 1.01–1.20; 51 Studien [4]).
Darüber hinaus wurde beobachtet das Weiterentwicklungen und mögliche Nachfolgesubstanzen zurzeit in Studien untersucht und in den Markt gebracht werden.
Schlussfolgerung/Implikation
Auch scheinbare Innovationen müssen kritisch betrachtet werden und bedürfen auch nach Markteinführung ständiger Untersuchung in geeigneten hochqualitativen Studien.
Unabhängig von der Diskussion um Kosten, erfordert das Wohl des Patienten eine laufende unabhängige Zusammenfassung der vorliegenden Daten.
Die Methoden aktuelle substanzielle Neuentwicklungen ausreichend schnell im Hinblick auf Nutzen und Schaden einzuschätzen sind unzureichend. Effekte einer eventuell verzögerten Anwendung im klinischen Alltag sind dabei zu berücksichtigen.
Literatur
- 1.
- Bohlius J, Trelle S, Weingart O, Schwarzer G, Brillant C, Clarke M et al. Erythropoietin or Darbepoetin for patients with cancer - meta-analysis based on individual patient data. - Protocol. Cochrane Database of Systematic Reviews 2008;(3).
- 2.
- Bohlius J, Langensiepen S, Schwarzer G, Seidenfeld J, Piper M, Bennet C et al. Erythropoietin for patients with malignant disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2004;(3):CD003407.
- 3.
- Bohlius J, Wilson J, Seidenfeld J, Piper M, Schwarzer G, Sandercock J et al. Erythropoietin or Darbepoetin for patients with cancer. Cochrane Database of Systematic Reviews 2006;(3).
- 4.
- Bennett CL, Silver SM, Djulbegovic B, Samaras AT, Blau CA, Gleason KJ et al. Venous Thromboembolism and Mortality Associated With Recombinant Erythropoietin and Darbepoetin Administration for the Treatment of Cancer-Associated Anemia. JAMA. 2008;299(8):914-24.