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Geriatrietypische Multimorbidität anhand von GKV-Routinedaten: ein Beitrag zur Versorgungsforschung
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Veröffentlicht: | 15. März 2007 |
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Hintergrund
Im zunehmenden Umfang werden Routinedaten für Fragen der deskriptiven und analytischen Versorgungsforschung genutzt. Sie können Beiträge zur Qualitätssicherung/-management und zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens liefern. Ergebnisse aus Routinedatenauswertungen zum geriatrischen Patienten wurden jedoch in Deutschland bisher nicht publiziert. Anhand von Abrechnungsdaten wurde geprüft, in welchem Umfang Patienten, die durch geriatrische Krankenhausabteilungen versorgt wurden, geriatrietypische Multimorbidität aufweisen.
Methoden
In Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftliche Institut der AOK wurden Abrechnungsdaten gemäß § 301 SGB V von AOK-Versicherten mit vollstationärer Krankenhausversorgung und Behandlungsbeginn im Jahr 2004 sowie einem Alter von 60 und mehr Jahren ausgewertet. Grundlage sind Behandlungsfälle die durch geriatrische Fachabteilungen versorgt wurden. Abrechnungsfälle ohne Beteilung der Geriatrie wurden einer Vergleichsgruppe zugeordnet und ergänzend ausgewertet. Geriatrietypische Multimorbidität wurde anhand von Haupt- und Nebendiagnosen der ICD-10-GM 2004 geprüft. Grundlage war der Vorschlag „Abgrenzungskriterien der Geriatrie“ der geriatrischen Fachgesellschaften.
Ergebnisse
Die 63.326 in die Auswertungen einbezogenen Abrechnungsfälle (Altersmittelwert: 81,3 Jahre, 73,8% Frauen) erfüllten zu 56,1% (Vergleichsgruppe: 17,7%) mindestens zwei geriatrietypische Merkmalskomplexe und damit das vorgeschlagene Kriterium einer geriatrietypischen Multimorbidität. Am häufigsten waren die Merkmalskomplexe hohes Komplikationsrisiko (45,7%), Inkontinenz (31,1%) und Störungen im Flüssigkeits-/Elektrolythaushalt (27,0%) erfüllt, die Merkmalskomplexe Frailty, verzögerte Rekonvaleszenz und Medikationsprobleme hingegen seltener (je < 2%). Stratifizierte Analysen ermittelten erhebliche regionale und einrichtungsbezogene Unterschiede.
Schlussfolgerung/Implikation
Ein erheblicher Anteil durch geriatrische Fachabteilungen versorgter Krankenhausfälle weist in den Abrechnungsdaten keine geriatrietypische Multimorbidität gemäß den „Abgrenzungskriterien“ der Geriatrie“ auf. Es wurden Merkmalskomplexe geriatrietypischer Multimorbidität mit geringer Kodierhäufigkeit und mit eingeschränkter Spezifität zwischen geriatrischer und nicht-geriatrischer Versorgung identifiziert. Die Ergebnisse liefern Hinweise zur Weiterentwicklung von Abgrenzungskriterien geriatrischer Patienten und zur Qualitätssicherung für die Versorgung einer aufgrund der demographischen Veränderungen immer bedeutsamer werdenden Patientengruppe.