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Evidenzbasierte Leitlinienentwicklung in der Psychotherapie - Verfahrensweise und Ergebnisse der S3- bzw. Nationalen VersorgungsLeitlinie Depression
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Veröffentlicht: | 15. März 2007 |
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Hintergrund
Depressive Störungen zählen mit einer Lebenszeitprävalenz von 16-20%, einer hohen Rezidiv- und Chronifizierungsneigung sowie einer hohen Beeinträchtigung der Lebensqualität von Betroffenen zu den epidemiologisch und gesundheitspolitisch relevantesten Erkrankungen überhaupt. Zugleich stehen eine Reihe wirksamer störungsspezifischer Therapieverfahren (Pharmakotherapie, Psychotherapie, nicht-medikamentöse somatische Therapien bzw. eine Kombination hieraus) zur Verfügung. Evidenzbasierte Behandlungsleitlinien geben Praktikern Hilfestellungen bei der Indikationsstellung und prognostischen Beurteilung einer Therapiemethode.
Methoden
Zurzeit koordiniert die DGPPN, gemeinsam mit der AWMF und dem ÄZQ, ein Projekt zur Erstellung einer S3- und einer Nationalen VersorgungsLeitlinie zur Diagnostik und Therapie der unipolaren depressiven Störung. Hierzu werden bestehende evidenzbasierte amerikanische, kanadische, britische und deutsche Leitlinien über Synopsen inhaltlich zusammengeführt. Die zentrale Quellleitlinie stellt die Guideline des National Institute for Clinical Excellence (NICE/GB) dar. Im Vortrag wird die Methodik der Leitlinienerstellung primär am Beispiel der Empfehlungen zur Psychotherapie dargestellt. Leitend sind hierbei u. a. forschungsmethodische Fragen, die Kreuzvalidierung der in den Leitlinien gegebenen Empfehlungen durch andere Leitlinien und durch aktuelle systematische Übersichtsarbeiten bzw. Metaanalysen sowie die Konsentierung der daraus abgeleiteten Empfehlungen durch Experten aus 31 Berufsgesellschaften und Fachgesellschaften.
Ergebnisse
Für die Wirksamkeit von Psychotherapie in der Akut- und Erhaltungstherapie sowie in der Rezidivprophylaxe der Depression sprechen zahlreiche Leitlinien, randomisiert-kontrollierte Studien und Metaanalysen. Jedoch ist die Evidenz für einzelne psychotherapeutische Verfahren unterschiedlich stark (z.B. für Kognitive Verhaltenstherapie und Interpersonelle Psychotherapie stärker als für die Gesprächspsychotherapie und tiefenpsychologische Verfahren), was v. a. mit der Störungsspezifität der Therapieformen und entsprechenden Forschungsansätzen zusammenhängt. Zugleich muss eine Versorgungsleitlinie aber über die Evidenz hinaus berücksichtigen, welche Therapieverfahren in einem Versorgungssystem verfügbar und inwieweit spezifische Verfahren verbreitet sind. Daneben sind relevante Themen auch im Bereich der Psychotherapie nicht hinreichend beforscht, z.B. der Nutzen des Einbezugs von Angehörigen in die Therapie oder die Wirksamkeit von Psychotherapie bei chronischen Depression.
Schlussfolgerungen/Implikationen
Die verfügbare Evidenz belegt die hohe Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Psychotherapie in der Depressionsbehandlung. Leitlinien sind ein geeignetes Instrument, die Wirksamkeit einzelner Verfahren über explizite Therapieempfehlungen transparent zu machen und so die Evidenzbasierung der Versorgung zu verbessern.