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Pflegeexperten-Center in der Primärversorgung – förderliche und hinderliche Faktoren der Implementierung
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Veröffentlicht: | 27. September 2021 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Aufgrund einer steigenden Lebenserwartung werden altersassoziierte Krankheiten mit chronischen Verläufen zunehmen. Es gilt Strukturen für eine Gesundheitsversorgung zu etablieren, die den Gesundheitsbedürfnissen und -bedarfen älterer Menschen mit chronischen Erkrankungen vor dem Hintergrund eines Mangels an pflegerischen und medizinischen Fachpersonal gerecht werden. Multiprofessionell angelegte Versorgungsmodelle zeigen positive Effekte bei der komplexen Behandlung von Menschen mit chronischen Krankheiten. Dies gilt auch für die Versorgung durch Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen (Advanced Practice Nursing, APN).
In dem Projekt „HandinHand“ koordinieren akademisch qualifizierte Pflegeexpert*innen (PE) die Versorgung älterer Menschen mit chronischen Erkrankungen in der Primärversorgung im ländlichen Raum. Die in einem eigenen Pflegeexperten-Center (PEC) verorteten PE übernehmen über einen Zeitraum von sechs Monaten erweiterte Aufgaben in Kooperation mit Hausärzt*innen.
Fragestellung und Zielsetzung: Im Rahmen einer Mixed-Methods-Prozessevaluation wird u.a. untersucht, welche hinderlichen und förderlichen Faktoren im Projekt und an der Versorgung Beteiligte hinsichtlich einer Implementierung eines Pflegeexperten-Centers in die Regelversorgung angeben.
Methode: Angelehnt an das MRC Framework für komplexe Interventionen wurde ein logisches Model als Grundlage für die Datenerhebung und -auswertung entwickelt. Kurz nach Beginn der Intervention wurden 20 leitfadengestützte Interviews mit PE (n=10), Hausärzt*innen (n=4), PEC-Leitungen (n=2), Vertreter*innen einer Krankenkasse (n=2) sowie einer Hochschule mit einem pflegebezogenen Studiengang (n=2) durchgeführt. Eine Auswertung erfolgt mittels qualitativer Inhaltsanalyse.
Ergebnisse: In Bezug auf hinderliche Faktoren ergaben sich folgende Kategorien:
- 1.
- Rechtliche Rahmenbedingungen,
- 2.
- Ressourcen,
- 3.
- Rolle,
- 4.
- Akzeptanz,
- 5.
- Kooperation.
Die Kategorien
- 1.
- Projekterfolg,
- 2.
- Reichweite,
- 3.
- Struktur,
- 4.
- Beteiligte,
- 5.
- Kooperation ließen sich bezüglich förderlicher Faktoren identifizieren.
Diskussion: Förderliche und hinderliche Faktoren bezüglich der Implementierung eines PEC in die Regelversorgung befinden sich auf unterschiedlichen Ebenen. Dieses Ergebnis ist einerseits auf die verschiedenen Perspektiven der interviewten Personen zurückzuführen. Andererseits weist es auf die Komplexität der Implementierung eines neuen Versorgungsmodells hin. Auch wenn internationale Studien zu ähnlichen Ergebnissen kommen, ist es für die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen wichtig, den Prozess der Implementierung eines PEC vor dem Hintergrund des deutschen Gesundheitssystems zu verstehen.
Praktische Implikationen: Die Auseinandersetzung mit den beeinflussenden Faktoren kann dazu beitragen, neue Versorgungsstrukturen nachhaltig und effektiv zu implementieren.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Modelle der Übertragung von Aufgaben an Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen müssen jenseits ärztlicher Delegation dringend entwickelt und evaluiert werden.