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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben frühzeitig erkennen (§ 14 SGB VI) – Gesamtevaluation des Ü45-Checks

Meeting Abstract

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  • Simone Flaig - Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland
  • Renate Wiedemann - Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland
  • Eva Maria Bitzer - Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf184

doi: 10.3205/21dkvf184, urn:nbn:de:0183-21dkvf1845

Veröffentlicht: 27. September 2021

© 2021 Flaig et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Mit dem 2017 in Kraft getretenen Flexirentengesetz ist die gesetzliche Rentenversicherung (RV) angehalten, eine freiwillige, individuelle, berufsbezogene Gesundheitsvorsorge für Versicherte ab 45 Jahren anzubieten (Ü45-Check) und in Modellprojekten zu erproben. Ziel ist es, über die frühe Erkennung berufsbezogener Teilhabestörungen und adäquate Leistungsangebote die Erwerbsfähigkeit der Versicherten möglichst lange zu erhalten.

Das Ergebnis des Ü45-Checks teilt RV-Versicherte in drei Kategorien:

1.
kein Bedarf an Teilhabeleistungen,
2.
Bedarf an Präventionsleistungen nach § 14 Absatz 1 SGB VI oder
3.
Bedarf an Rehabilitationsleistungen.

Bei der Ausgestaltung der Modellvorhaben verfolgen die RV-Träger unterschiedliche Strategien, z.B. in Bezug auf den Zugang zu den Versicherten, die Zielgruppe oder Art und Umfang des Ü45-Checks.

Fragestellung und Zielsetzung: Erfüllen die Modellvorhaben zum Ü45-Check akzeptierte Kriterien für ein bevölkerungsbezogenes Früherkennungsprogramm [1], [2] und verzögert der Ü45-Check das Ausscheiden aus dem Berufsleben?

Methode:

Teil 1: „Übersetzung“ und Prüfung der allgemeinen Bewertungskriterien für Screeningprogramme auf den Ü45-Check auf der Basis verfügbarer wissenschaftlicher Evidenz: z.B. gibt es eine identifizierbare Frühphase, einen geeigneten Test zur Entdeckung der Frühphase, ist die Behandlung im Frühstadium wirksamer als im Spätstadium, stehen die Kosten in annehmbaren Verhältnis zum Gesundheitsnutzen?

Teil 2: Kontrollierte, ggf. randomisierte Studie zu Effekten des Ü45-Checks auf die Erwerbsfähigkeit im Rahmen der Gesamtevaluation. Der Ü45-Check besitzt Merkmale, die eine aussagekräftige Evaluation der Modellvorhaben mit vertretbaren Ressourcen grundsätzlich ermöglichen: 1. Die von den RV-Trägern angedachten Interventionen richten sich zunächst an Teilgruppen von Versicherten (Interventionsgruppe (IG)), schließen aber aus logistischen Gründen noch nicht die gesamte Zielgruppe ein. D.h. es besteht die Möglichkeit, Versicherte als Kontrollgruppe (KG) zu beobachten, die keinen Ü45-Check erhalten. 2. Die Zuteilung zur IG kann durch die DRV direkt und als Zufallsauswahl erfolgen. 3. Das interessierende Outcome (EMR ja/nein) ist für IG und KG vollständig bekannt und in den DRV-Routinedaten trägerübergreifend verfügbar. Erfolgt die Auswahl der IG zufällig, liegt ein prospektives, randomisiertes Studiendesign mit einem geringen Risiko für Verzerrungen vor. Ohne zufällige Zuteilung zur IG entspricht das Studiendesign zumindest einer prospektiven kontrollierten Studie, zu der die in den Routinedaten der DRV-Verfügbaren Störgrößen für IG und KG vollständig verfügbar sind und so eine Abschätzung etwaiger Verzerrungen ermöglichen. Den Handlungsspielraum für eine solche Evaluation liefert § 14 SGB VI.


Literatur

1.
Wilson JMG, Jungner G, World Health Organization. Principles and practice of screening for disease. Genf: WHO; 1968. Verfügbar unter: http://www.who.int/iris/handle/10665/37650. Externer Link
2.
Raffle A, Muir Gray JA. Screening: Durchführung und Nutzen von Vorsorgeuntersuchungen. 1. Aufl. Bern: Huber; 2009.