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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Kausalattributionen, wahrgenommene Kontrollierbarkeit und Gesundheitsverhaltensänderungen von Frauen mit einem familiären Brust- und Eierstockkrebsrisiko

Meeting Abstract

  • Katharina Klein - Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (GiM), Charité-Universitätsmedizin Berlin, Deutschland
  • Dorothee Speiser - Zentrum familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Deutschland
  • Hannah Brand - Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (GiM), Charité – Universitätsmedizin Berlin, Deutschland
  • Markus Feufel - Institut für Arbeitswissenschaft, TU Berlin, Deutschland
  • Friederike Kendel - Institut für Geschlechterforschung in der Medizin (GiM), Charité – Universitätsmedizin Berlin, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf002

doi: 10.3205/21dkvf002, urn:nbn:de:0183-21dkvf0028

Veröffentlicht: 27. September 2021

© 2021 Klein et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Das Gesundheitsverhalten gewinnt für Frauen mit einem familiären Brust- und Eierstockkrebsrisiko (FBREK-Risiko) hinsichtlich der Beeinflussbarkeit einer Krebserkrankung zunehmend an Bedeutung. Hierbei ist es wesentlich zu klären, ob sich Frauen mit einem FBREK-Risiko über die Risiken hinsichtlich der Entstehung einer Brust- oder Eierstockkrebserkrankung bewusst sind und ob sie andere Krankheitsursachen sehen.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Studie war es, zu untersuchen, welche Kausalattributionen Frauen mit einem FBREK-Risiko vornehmen, und ob sie davon ausgehen, durch Präventionsmöglichkeiten und ihr Gesundheitsverhalten die Entstehung einer (erneuten) Krebserkrankung beeinflussen zu können. Des Weiteren sollte erfasst werden, ob Frauen mit einem positiven Gentestergebnis bzw. statistisch erhöhten familiärem Risiko ihr Gesundheitsverhalten verändert haben.

Methode oder Hypothese: Im Rahmen einer querschnittlichen Fragebogenstudie wurden Frauen mit einem FBREK-Risiko (N = 124) zu Kausalattributionen, Kontrollierbarkeit sowie Gesundheitsverhaltensänderungen befragt. Bei der statistischen Analyse wurden deskriptive Methoden, t- und Chi-Quadrat-Tests sowie Korrelationsanalysen angewandt und berechnet.

Ergebnisse: Neben Vererbung (96,8%) benannten die Frauen auch Stress (82,3%), das Gesundheitsverhalten (81,4%), Umweltfaktoren (78,2%) sowie die Persönlichkeit (61,3%) als Ursachen für eine (erneute) Krebserkrankung. Die Mehrzahl der Studienteilnehmerinnen glaubte, dass sie ihr Erkrankungsrisiko in einem hohen Ausmaß selbst beeinflussen können. Ungefähr die Hälfte (50,8 %) hatte seit der positiven FBREK-Risikoanalyse ihr Gesundheitsverhalten verändert (p = .855). Nach Betrachtung einzelner Gesundheitsverhaltensweisen, ernährten sich die Frauen gesünder (p < .001), waren körperlich aktiver (p = .001), nutzten vermehrt alternativ- bzw. komplementärmedizinische Verfahren (p < .001) und versuchten, ihr Stresslevel gering zu halten (p = .005). Kausalattributionen und Kontrollierbarkeit sind mit Gesundheitsverhaltensänderungen assoziiert.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, Informationen zum Gesundheitsverhalten in die Versorgung einfließen zu lassen sowie Frauen gezielt zu fragen, welche Ursachen diese für die Entstehung einer Krebserkrankung sehen.

Praktische Implikationen: Das Erfragen von subjektiven Krankheitsursachen in der genetischen Beratung kann wichtige Einsichten in das Krankheitsverständnis von Patientinnen und Patienten geben, da die Ursachenzuschreibung die Adhärenz für therapeutische Maßnahmen und die Veränderung des Gesundheitsverhaltens beeinflussen kann.

Appell für die Praxis in einem Satz: Die Studie unterstreicht die Bedeutung von subjektiven Parametern für die Anpassung an ein Leben mit einem FBREK- Risiko und zeigt diesbezüglich einen großen Forschungsbedarf bspw. hinsichtlich digitaler Unterstützungsangebote in der Versorgung aus medizinischer, psychologischer sowie auch gesundheitswissenschaftlicher Sicht auf.