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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Zugang zur ambulanten medizinischen Versorgung für erwachsene Menschen mit Behinderung

Meeting Abstract

  • Cornelia Weiß - Rehabilitationswissenschaften, Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Christine Thienel - Rehabilitationswissenschaften, Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Jana Stucke - Rehabilitationswissenschaften, Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Anna Pieschnik - Rehabilitationswissenschaften, Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Margret Xyländer - Rehabilitationswissenschaften, Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland
  • Thorsten Meyer - Rehabilitationswissenschaften, Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Bielefeld, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf468

doi: 10.3205/20dkvf468, urn:nbn:de:0183-20dkvf4680

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Weiß et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung verläuft trotz der 2009 in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention häufig nicht bedarfsgerecht [1], [2]. Seit 2015 besteht die Möglichkeit für Erwachsene, sich ambulant in Medizinischen Zentren für Erwachsene mit geistigen oder mehrfachen Behinderungen (MZEB) versorgen zu lassen (§119c, SGB V).

Fragestellung und Zielsetzung: Das Projekt untersucht die aktuelle ambulante medizinische Versorgung sowie Veränderungen dieser im Zuge der Einführung der MZEB aus Nutzer*innensicht. Ein Ziel ist, Empfehlungen für eine langfristige Verbesserung der Versorgungssituation abzuleiten.

Methode oder Hypothese: Die Mixed-Method-Studie mit qualitativem Schwerpunkt besteht aus einer Interviewstudie und Beobachtungen in zwei MZEB, ergänzt durch eine Fragebogenerhebung, Gruppendiskussionen und Experteninterviews. Vorgestellt werden Ergebnisse aus der ersten Erhebungswelle der Interviewstudie, die die Versorgungssituation vor Aufnahme ins MZEB abbilden. Die leitfadengestützten Interviews wurden fallorientiert inhaltsanalytisch aufbereitet, thematisch kodiert und in Fallvignetten zusammengefasst [3].

Ergebnisse: Von den 31 Interviews wurden 14 (45%) mit den Patient*innen selbst und 17 (55%) mit An- bzw. Zugehörigen geführt. 15 (48%) der Erstnutzer*innen waren weiblich, das Alter der Befragten lag zwischen 20 und 57 Jahren. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bilden die von allen Nutzer*innen geschilderten Schwierigkeiten beim Zugang zu Behandlung und Vorsorge. Interviewte berichten von Unsicherheiten, die sich durch Probleme in der Kommunikation und Interaktion mit Angehörigen der medizinischen Professionen zeigen. Regelhaft können durch die jeweilige Einschränkung bedingte spezielle Bedarfe und Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden.

Diskussion: Im Datenmaterial werden Erfahrungen deutlich, wonach der Zugang zu Versorgung als schwierig bzw. der Versorgungsprozess selbst als herausfordernd erlebt werden. Dabei spielen strukturelle Defizite eine entscheidende Rolle. Da entweder die Nutzer*innen selbst oder ihre An- bzw. Zugehörigen befragt wurden, liegen im Material verschiedene Perspektiven vor, die in der Analyse berücksichtigt werden müssen.

Praktische Implikationen: Aus den Versorgungserfahrungen der Patient*innen können Maßnahmen abgeleitet werden, mit denen der Zugang zu ambulanter medizinischer Versorgung erleichtert wird. Neben der Herstellung von Barrierefreiheit kommen dafür besser zugängliche Informationen sowie eine stärkere Berücksichtigung der Thematik in der Ausbildung medizinischer Professionen in Frage.


Literatur

1.
Hasseler M. Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen als vul-nerable Bevölkerungsgruppe in der gesundheitlichen Versorgung. Die Rehabilitation, 2015;54(6):369–374.
2.
Engels D, Engel H, Schmitz A. Zweiter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen. Teilhabe – Beeinträchtigung – Behinderung. Bonn: Bundesministerium für Arbeit und Soziales; 2016.
3.
Flick U. Qualitative Forschung. Theorie, Methoden, Anwendung in Psychologie und Sozialwissenschaften. Reinbek: Rowohlt; 1996.