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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Hört der G-BA auf das IQWiG? – eine Analyse der G-BA-Richtlinien zur Einführung diagnostischer und therapeutischer Methoden und der korrespondierenden IQWiG-Empfehlungen im Zeitraum 2004 bis 2018

Meeting Abstract

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  • Tobias Schwarz - Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kompetenzzentrum Labor
  • Annika Quast - Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kompetenzzentrum Labor
  • Alexander Schulz - Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kompetenzzentrum Labor
  • Roman Schiffner - Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kompetenzzentrum Labor

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf461

doi: 10.3205/20dkvf461, urn:nbn:de:0183-20dkvf4610

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Schwarz et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Zur Vorbereitung seiner Entscheidungen kann der G-BA Aufträge an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vergeben. Das IQWiG ist dabei laut der Verfahrensordnung des G-BA angehalten, wissenschaftliche Empfehlungen für den G-BA zu erarbeiten.

Fragestellung und Zielsetzung:

  • Folgte der G-BA immer den Empfehlungen des IQWiG bezüglich der möglichen Einführung diagnostischer und therapeutischer Methoden?
  • Wenn nicht, wie wurden die abweichenden Entscheidungen begründet?
  • Beruhen die Entscheidungen immer auf randomisierten kontrollierten Studien (RCT)?
  • Wurden Methoden auch dann in die vertragsärztliche Versorgung eingeführt, wenn die Datenbasis als nicht ausreichend erachtet wurde?

Methode oder Hypothese: Alle online verfügbaren G-BA-Richtlinien (inkl. der Beschlusstexte, der Tragenden Gründe und der Abschlußberichte) bezüglich der möglichen Einführung neuer Methoden in die vertragsärztliche Versorgung sowie die dazugehörigen Abschlußberichte des IQWiG im Zeitraum Juni 2004 bis Dezember 2018 wurden identifiziert, gegenübergestellt und gemäß der Fragestellung ausgewertet. Eine Richtlinie bzw. der entsprechende Beschlusstext konnte dabei durchaus mehrere Beschlüsse beinhalten. Die Richtlinien ohne IQWiG-Beteiligung wurden ebenfalls betrachtet, um einen Überblick zu den Entscheidungen des G-BA insgesamt und die entsprechenden Evidenzgrundlagen zu erlangen.

Ergebnisse: Es wurden 46 G-BA-Richtlinien mit insgesamt 52 Beschlüssen analysiert, wovon an 30 das IQWiG mitwirkte. War das IQWiG beteiligt, folgte der G-BA dessen Empfehlungen in 27 von 30 Fällen (90%); dabei war der Hauptgrund für die drei Ausnahmen neue Erkenntnisse durch Nachrecherchen des G-BA. Bei 37 der insgesamt 52 Beschlüsse (71%) waren die Grundlage für die Entscheidungen Studien der höchsten Evidenzklasse, also RCTs. Von den 15 Ausnahmen ohne RCT-Grundlage war das IQWiG an vier Beschlüssen mit seinen Empfehlungen beteiligt. Der G-BA folgte dabei allen Empfehlungen des IQWiG und setzte aufgrund der ungenügenden Datenlage entweder die Beschlußfassung aus oder lehnte die Einführung der Methode ab. Von den restlichen elf Methoden (ohne IQWiG-Beteiligung) wurden trotz fehlender RCT-Grundlage sieben in die Versorgung eingeführt. Die Gründe dafür waren u.a. die Schwere der Erkrankung und damit die hohe medizinische Behandlungsnotwendigkeit, fehlende Therapiealternativen und Sicherstellungsprobleme.

Diskussion: Die Empfehlungen des IQWiG können dem G-BA als Entscheidungsgrundlage dienen, wobei der G-BA jedoch nicht verpflichtet ist, diesen zu folgen. Trotz der übersichtlichen Gesamtzahl an Richtlinien bestätigen die oben erwähnten wenigen Ausnahmen die Regel, dass der G-BA dem IQWiG in dessen Einschätzungen folgt. Daraus läßt sich schließen, dass die Unterstützung in Form von evidenzbasierten Gutachten durch das IQWiG eine, wenn auch nicht ausschließliche, so jedoch wichtige Grundlage der Beschlußfassung des G-BA darstellt.