gms | German Medical Science

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Verortung von Zweitmeinungsanbietern in Deutschland – gibt es regionale Unterschiede?

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Barbara Prediger - Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Köln, Deutschland
  • Nadja Könsgen - Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Köln, Deutschland
  • Simone Hess - Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Köln, Deutschland
  • Dawid Pieper - Universität Witten/Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Köln, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf453

doi: 10.3205/20dkvf453, urn:nbn:de:0183-20dkvf4530

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Prediger et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Seit 2015 ist das Recht auf eine Zweitmeinung (ZM) im Sozialgesetzbuch V verankert und wurde im Rahmen der „Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren“ konkretisiert. Seit 2019 können sich Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung eine unabhängige ZM im Falle einer Indikation zur Tonsillektomie/Tonsillotomie (TE/TT) oder Hysterektomie (HE) einholen. Laut Richtlinie muss der Arzt zur Erbringung der ZM (=Zweitmeiner) verschiedene Anforderungen erfüllen. So sind neben einer Zulassung besondere Qualifikationen (z.B. mind. 5-jährige fachärztliche Tätigkeit) und Kenntnisse über den aktuellen Forschungsstand (nachgewiesen z.B. durch die Befugnis zur Weiterbildung) notwendig. Weiterhin darf der Zweitmeiner die Operation nicht selbst durchführen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) erstellen Listen mit Zweitmeinern, die die Anforderungen erfüllen und sich zu der Erbringung einer ZM bereit erklären.

Fragestellung und Zielsetzung: Ist eine flächendeckende Versorgung für die Erbringung von ZM zu Indikationen TE/TT und HE gewährleistet?

Methode oder Hypothese: Am 02.12.2019 wurden über die Webseiten der einzelnen KVen alle Zweitmeiner identifiziert, die jeweilige Adresse heruntergeladen und nach Bundesland und Indikation (HE und TE/TT) sortiert. Weiterhin wurden Daten bezüglich der Einwohnerzahl der Bundesländer von der Website des Statistischen Bundesamtes bezogen. Außerdem wurde berechnet, wie viele Zweitmeiner pro Million Einwohner im jeweiligen Bundesland verfügbar sind. Derzeit wird die räumliche Verteilung kartographisch dargestellt, um die Entfernung von jedem potentiellen Wohnort zum nächstgelegenen Zweitmeiner darzustellen.

Ergebnisse: In Deutschland sind insgesamt 242 Zweitmeiner für TE/TT gemeldet. 54 davon sind in NRW, 48 in Bayern und 30 in Niedersachsen angesiedelt. Die wenigsten sind in Bremen (0), Mecklenburg-Vorpommern (1) und Brandenburg (2) registriert. Insgesamt sind 382 Zweitmeiner für HE in Deutschland gemeldet. Ein Viertel (95) der Zweitmeiner ist in NRW angesiedelt, 66 in Niedersachsen und 50 in Bayern. Schlusslicht bilden erneut Bremen (1), Mecklenburg-Vorpommern (3) und Hamburg sowie Rheinland-Pfalz (5). Betrachtet man die Gesamtzahl der Zweitmeiner für HE und TE/TT verteilen sich mit 18 Zweitmeinern pro Million Einwohner die meisten im Saarland und mit einem pro Million Einwohner die wenigsten in Bremen.

Diskussion: Die Verteilung der Zweitmeiner in den Bundesländern gestaltet sich sehr unterschiedlich. Es ist je nach Region von erheblichen Versorgungslücken auszugehen. Die kartographische Darstellung wird mehr Aufschluss über die regionale Verteilung von Zweitmeinern geben.

Praktische Implikationen: Für eine Umsetzung der Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren bedarf es einer flächendeckenden regionalen Versorgung mit Zweitmeinern. Möglicherweise könnte der Bereich der Telemedizin stärker in die Versorgung einbezogen werden, um Versorgungslücken zu schließen. Weiterhin gilt es zu evaluieren, ob Möglichkeiten existieren, die Liste potentieller Zweitmeiner zu erweitern.