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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Eine qualitative Studie zur elterlichen Perspektive hinsichtlich Webcams auf neonatologischen Intensivstationen

Meeting Abstract

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  • Alinda Reimer - IMVR (Universität zu Köln), Köln, Deutschland
  • Jan Hoffmann - IMVR (Universität zu Köln), Köln, Deutschland
  • Laura Mause - IMVR (Universität zu Köln), Köln, Deutschland
  • Nadine Scholten - IMVR (Universität zu Köln), Köln, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf431

doi: 10.3205/20dkvf431, urn:nbn:de:0183-20dkvf4310

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Reimer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Der Aufenthalt eines Frühgeborenen auf einer neonatologischen Intensivstation und die damit einhergehende räumliche Trennung der Eltern von ihrem Kind stellt eine für die Eltern belastende Situation dar. Webcams bieten eine Möglichkeit, diese räumliche Distanz zu überbrücken, indem die Eltern ihr Kind sehen können, auch, wenn sie nicht anwesend sein können.

Die Studie Neo-CamCare evaluiert den Einsatz von Webcams auf deutschen neonatologischen Intensivstationen. Teil der Studie ist die Erfassung der elterlichen Perspektive anhand von qualitativen Interviews, um mögliche Gründe zu identifizieren, die für oder gegen einen Kameraeinsatz sprechen.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel war es, mittels qualitativer Interviews zu eruieren, welche Vor- und Nachteile Eltern im Einsatz von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen sehen.

Methode oder Hypothese: Um die elterliche Perspektive zu beurteilen und ein tiefergehendes Verständnis hinsichtlich möglicher Vor- und Nachteile des Kamerasystems zu erhalten, wurden halbstrukturierte Interviews durchgeführt. Diese wurden mittels einer kategorienbasierten Inhaltsanalyse in Anlehnung an Kuckartz und Schreier ausgewertet. Die Kategorien wurden in einem kombinierten deduktiv-induktiven Verfahren mittels Subsumtion erzeugt. Zentraler Aspekt der Analyse war die deduktiv generierte Kategorie, welche die elterliche Einstellung zur Kameranutzung thematisiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 20 Mütter und 7 Väter interviewt. Eltern, die selbst Erfahrung mit dem Kamerasystem hatten, da sie dieses auch genutzt haben, befürworteten ein solches meist auch. Wesentliche Aspekte, die zur Akzeptanz des Systems beitrugen, waren u.a. die Gewissheit über das Kindeswohl, ein verstärktes Näheempfinden sowie die Möglichkeit auch unabhängig vom medizinischen Personal, Informationen zum Kind zu erhalten.

Hingegen lässt sich bei Eltern, die zuvor keine Erfahrungen mit einem Kamerasystem machten, eher ein Zwiespalt erkennen: Zum einen erscheinen eine weite Entfernung des Wohnortes zur Klinik oder ein frühzeitiger Arbeitseinstieg der Väter als Gründe für einen Kameraeinsatz. Jedoch treten auch Bedenken, welche vorwiegend im Hinblick auf eine gesteigerte Angespanntheit sowie der Angst, die Kamera könne einen Kontrollzwang verursachen und das Vertrauen in das Klinikpersonal schwächen, zutage.

Diskussion: Obwohl der Einsatz von Webcams auch kritisch betrachtet wird, geht aus der Analyse hervor, dass dieser dennoch vornehmlich als Chance gesehen wird, den negativen Folgen einer Trennung in der frühen postnatalen Phase entgegenzuwirken.

Praktische Implikationen: Die explorative Untersuchung zeigt die Notwendigkeit für weitere quantitative Befragungen, um die Bedarfe hinsichtlich eines Kamerasystems zu quantifizieren. Auch international existiert zu Webcams auf neonatologischen Intensivstationen bisher nur wenig wissenschaftliche Literatur. Die Chancen und Risiken technischer Innovationen in Folge der Digitalisierung gilt es auch in diesem Bereich weiter in den Fokus zu rücken.