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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Brandverletzungen und die Inzidenz psychischer Störungen: eine retrospektive Kohortenstudie

Meeting Abstract

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  • Karel Kostev - IQVIA, Epidemiologie, Frankfurt am Main, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf427

doi: 10.3205/20dkvf427, urn:nbn:de:0183-20dkvf4270

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Kostev.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Angesichts der Tatsache, dass es sowohl bei den Bewältigungsmustern nach Brandverletzungen als auch in der Epidemiologie psychiatrischer Erkrankungen große geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, ist vorstellbar, dass sich – sollte ein Zusammenhang zwischen Brandverletzungen und psychischer Gesundheit bestehen – diese Beziehung zwischen männlichen und weiblichen Erwachsenen deutlich unterscheidet.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Studie war es daher, die Assoziation zwischen Brandverletzungen und der Inzidenz psychiatrischer Erkrankungen bei Männern und Frauen ohne vorbestehende psychiatrische Komorbidität zu untersuchen, die bis zu fünf Jahre lang in Hausarztpraxen in Deutschland beobachtet worden waren.

Methode oder Hypothese: Die Studie umfasste Patienten, bei denen zwischen 2015 und 2018 (Indexdatum) in 1.178 Hausarztpraxen in Deutschland zum ersten Mal eine Brandverletzung diagnostiziert worden war. Personen ohne Brandverletzungen wurden den Patienten mit Brandverletzungen 1:1 nach Geschlecht, Alter, Indexjahr und Hausarztpraxis zugeordnet. Zu den Studienvariablen gehörten die Brandverletzung mit Körperregion, psychiatrische Erkrankungen (d. h. Depressionen, Angststörungen, Reaktion auf schweren Stress und Anpassungsstörungen sowie somatoforme Störungen), Geschlecht, Alter und Charlson-Komorbiditätsindex. Die Assoziation zwischen Brandverletzungen und der Inzidenz psychiatrischer Störungen wurde mit Hilfe von Kaplan-Meier-Kurven und multivariaten Cox-Regressionsmodellen untersucht.

Ergebnisse: Es wurden 9.099 Patienten mit und 9.099 Patienten ohne Brandverletzungen in die Studie eingeschlossen (53,8% der Patienten waren Frauen; das mittlere Alter [Standardabweichung] betrug 45,4 [18,5] Jahre). Nach einem 5-jährigen Nachbeobachtungszeitraum war bei 29,4% der Patienten mit Brandverletzungen und 26,2% der Patienten ohne Brandverletzungen eine psychiatrische Erkrankung diagnostiziert worden (Log-Rank p-Wert<0,001). Darüber hinaus bestand eine positive und signifikante Assoziation zwischen Brandverletzungen und der Inzidenz psychiatrischer Erkrankungen (Hazard Ratio=1,32, 95% Konfidenzintervall=1,22-1,43).

Diskussion: Brandverletzungen waren bei Personen, die bis zu fünf Jahre lang in Hausarztpraxen in Deutschland beobachtet worden waren, positiv mit der Inzidenz psychiatrischer Erkrankungen assoziiert.

Praktische Implikationen: Zusammengenommen sollten sich Hausärzte und andere Angehörige der Gesundheitsberufe, die an der Behandlung von Überlebenden mit Brandverletzungen beteiligt sind (z. B. plastische Chirurgen und Dermatologen) der Tatsache bewusst sein, dass diese Bevölkerungsgruppe einem besonderen Risiko ausgesetzt ist, später eine Diagnose einer psychiatrischen Erkrankung zu erhalten. Zu guter Letzt ist zu sagen, dass weitere Studien erforderlich sind, um ein besseres Verständnis der Mediatoren zu erlangen, die an der Assoziation zwischen Brandverletzungen und schlechter psychischer Gesundheit beteiligt sind.