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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Leitlinienkonforme Physiotherapie in der Rehabilitation nach Schlaganfall. Ergebnisse einer deutschlandweiten Online-Umfrage

Meeting Abstract

  • Bettina Scheffler - Institut für Gesundheit/Fachgebiet Therapiewissenschaft I, Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg, Senftenberg, Deutschland
  • Almut Schöler - Physiotherapie Schöler, Bötersen, Deutschland
  • Florian Schimböck - Institut für Gesundheit/Fachgebiet Pflegewissenschaft und klinische Pflege, Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg, Senftenberg, Deutschland
  • Katrin Rösner - Schön Klinik Hamburg Eilbek, Hamburg, Deutschland
  • Jacob Spallek - Institut für Gesundheit/Fachgebiet Gesundheitswissenschaften, Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg, Senftenberg, Deutschland
  • Christian Kopkow - Institut für Gesundheit/Fachgebiet Therapiewissenschaft I, Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg, Senftenberg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf406

doi: 10.3205/20dkvf406, urn:nbn:de:0183-20dkvf4067

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Scheffler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die S2e-Leitlinie „Rehabilitation der Mobilität nach Schlaganfall (ReMoS)“ empfiehlt evidenzbasierte und therapiezielorientierte Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität nach einem Schlaganfall. Es ist derzeit unbekannt, inwieweit physiotherapeutische Interventionen der ReMoS-Leitlinie entsprechen und welche Faktoren die Leitlinienumsetzung beeinflussen.

Zielsetzung: Ziel der Studie ist die Darstellung des aktuellen Umsetzungsstandes der ReMoS-Leitlinienempfehlungen in der subakuten Phase nach einem Schlaganfall sowie der Faktoren, die ihre Anwendung beeinflussen.

Methode: Im Zeitraum vom 29. Oktober bis 10. Dezember 2019 wurde eine anonyme, offene, deutschlandweite Online-Umfrage durchgeführt. Die ethische Unbedenklichkeit wurde durch die Ethikkommission der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus – Senftenberg bestätigt. Mittels Snowball-Sampling wurde der Zugangslink via E-Mail, QR-Code und soziale Medien an Physiotherapeut*Innen, die in der ambulanten oder stationären Versorgung von Menschen in der subakuten Phase nach einem Schlaganfall tätig sind, verbreitet. Analysiert wurden alle Fragebögen, die teilweise (Bestätigung der Zugangsvoraussetzungen und Beantwortung eines weiteren Items) beantwortet waren. Leitlinienkonforme Physiotherapie ist durch die Umsetzung einer Leitlinienempfehlung (“oft” oder “immer”) von mindestens 80% der Teilnehmenden definiert. Die deskriptive Datenanalyse erfolgte mit der Software R.

Ergebnisse: Antworten von 170 Physiotherapeut*Innen wurden ausgewertet. Die Teilnehmer*Innen hatten ein mittleres Alter von 41,6 Jahren (± 18). 69,4% (n= 68) von ihnen waren weiblich und 61,3% (n= 57) hatten keinen akademischen Abschluss. Unter 104 Antworten war die ReMoS-Leitlinie 47,1% der Teilnehmer*Innen bekannt. Die Mehrzahl der erfragten ReMoS-Leitlinienempfehlungen wird, basierend auf den Ergebnissen, nicht befolgt. Einzig die Anwendung eines intensiven Gehtrainings (ohne Laufbandeinsatz) zur Verbesserung der Balance wird von 84,2% (n=86) der Teilnehmer*Innen leitlinienkonform durchgeführt. Intensives Gehtraining, zum Erlangen oder Verbessern der Gehfähigkeit von Menschen mit einem Schlaganfall, wird in einem nicht leitlinienkonformen Umfang angewendet. Auch ein aufgabenbezogenes Ausdauertraining zur Erweiterung der Gehstrecke oder zur Steigerung der Gehgeschwindigkeit wird nicht regelmäßig umgesetzt. Barrieren zur Leitlinienanwendung, wie eine Widersprüchlichkeit der Empfehlungen zur täglichen Routine (54%, n= 20) oder fehlendes Wissen (47,3%, n=18) wurden als nicht zutreffend beschrieben.

Diskussion: Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die physiotherapeutische Versorgung zur Verbesserung der Mobilität von Menschen mit einem Schlaganfall hierzulande nicht leitlinienkonform erfolgt. Eine Verzerrung kann, aufgrund der selbstberichteten Antworten, nicht ausgeschlossen werden.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Notwendigkeit einer bedarfsgerechten Leitlinienimplementierung in Deutschland. Zukünftige Studien sollten multidisziplinäre Aspekte der Leitlinienumsetzung betrachten.