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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Entwicklung eines IT-gestützten Case Managements zur Verbesserung der Versorgungsqualität und Entlastung der Eltern von Patient*innen mit Spinaler Muskelatrophie

Meeting Abstract

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  • Jana Willems - Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitionsforschung, Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland
  • Erik Farin-Glattacker - Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitionsforschung, Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland
  • Thorsten Langer - Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen, Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg im Breisgau, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf398

doi: 10.3205/20dkvf398, urn:nbn:de:0183-20dkvf3988

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Willems et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine seltene, progrediente, neuromuskuläre Erkrankung (Inzidenz 1:10.000). Die schwereren Verlaufsformen Typ 1 und 2 beginnen in den ersten beiden Lebensjahren. Die Versorgungssituation ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  • Krankheitsverlauf und Versorgungsbedarf mit hoher Dynamik,
  • multiprofessionelle Versorgung,
  • große räumliche Distanzen zwischen lokalen Behandelnden und Muskelzentren,
  • hoher Beratungsbedarf.

Häufig ist die Versorgung zwischen Fachdisziplinen und Versorgungssektoren fragmentiert, was zu einer beeinträchtigten Versorgungsqualität und zu chronischen Belastungen seitens der Eltern führen kann.

Fragestellung und Zielsetzung: Durch ein SMA-spezifisches Case Management (CM) und eine IT-Anwendung zum vereinfachten Austausch patientenbezogener und behandlungsrelevanter Informationen soll die medizinische und psychosoziale Versorgungsqualität bei SMA Typ 1 und 2 nachhaltig verbessert sowie betroffene Eltern entlastet werden. Die SMA-C+-Intervention wird implementiert und wissenschaftlich evaluiert.

Methode: In dem 3-jährigen Projekt (Beginn: 01.02.2019) wird zuerst ein Patient-Reported-Outcome-Instrument zur Messung der Qualität der Behandlungsintegration bei chronischen Erkrankungen in der Pädiatrie für den deutschsprachigen Raum validiert (N=400). In einer multiperspektivischen Ist-Analyse werden die Erfahrungen von je 40 Eltern und Behandelnden mittels leitfaden-gestützter Interviews sowie Versorgungstagebüchern analysiert. Darauf aufbauend wird ein SMA-spezifisches CM konzeptualisiert und durch eine digitale Anwendung ergänzt.

Im Rahmen einer quasi-experimentellen Studie wird die Auswirkung der Intervention im Vergleich zur einer Kontrollgruppe mit einem mixed-methods-Ansatz untersucht (N=2 × 25). Primäre Endpunkte sind die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Eltern und die Qualität der Behandlungsintegration. Sekundäre Endpunkte sind die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen (Kind und Eltern), die Kosten sowie Daten zur Prozessqualität. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung sind keine hohen Fallzahlen zu erwarten. Der Fokus liegt auf der Bewertung fallzahlunabhängiger Effektgrößen.

Diskussion: Eine interdisziplinär kontinuierliche und patientenzentrierte Behandlungskoordination ist essentiell, um einen konsistenten Behandlungsplan und eine effiziente Versorgung zu gewährleisten. Die diesbezügliche Versorgungssituation scheint heterogen. Das Modell SMA-C+ eignet sich, um diese Versorgungslücke zu schließen.

Praktische Implikationen: Es wird erstmals ein deutschsprachiges Instrument zur Messung der Qualität der Behandlungsintegration im pädiatrischen Bereich zur Verfügung stehen. Nach der Evaluation des CM liegen Ergebnisse zu Machbarkeit, zu erwartenden Effektgrößen und Prozessqualität vor. Auf dieser Grundlage können zukünftige cluster-randomisierte Studien geplant werden. Es ist zu erwarten, dass das Modell SMA-C+ bundesweit nach geringfügiger Anpassung übertragbar sowie für andere Patientengruppen mit seltenen Erkrankungen und/oder chronisch-komplexen Verläufen relevant sein wird.