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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Liegende ambulante Notaufnahmepatienten mit geringem Ressourcenverbrauch: Ein Indikator für ungedeckten Versorgungsbedarf im ambulanten Sektor?

Meeting Abstract

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  • Markus Faust - Zentrale Notaufnahme, Vivantes Humboldt Klinikum, Berlin, Deutschland; II. Medizinische Klinik, Technische Universität München, München, Deutschland
  • Georg M. Walter - Zentrale Notaufnahme, Klinikum Spandau, Berlin, Deutschland
  • Andreas Umgelter - Zentrale Notaufnahme, Vivantes Humboldt Klinikum, Berlin, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf363

doi: 10.3205/20dkvf363, urn:nbn:de:0183-20dkvf3630

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Faust et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Diskussion um die Beanspruchung durch selbsteinweisende sogenannte Bagatellfälle bestimmt die Diskussionen um Fehlallokation der klinischen Notfallmedizin. Krankenhausnotaufnahmen als barrierefreie, kontinuierlich zur Verfügung stehende, interdisziplinäre und technisch gut ausgestattete Allround-Einheiten könnten auch als Rückfallposition für anderen ungedeckten medizinischen Versorgungsbedarf dienen.

Fragestellung und Zielsetzung: Wir untersuchten eine Kohorte von Patienten mit liegender Anfahrt, aber ambulanter Entlassung mit der Frage nach Vorstellungen zu gezielten einfachen Maßnahmen, die auch durch andere Strukturen versorgt werden könnten.

Methode oder Hypothese: Retrospektive Analyse einer Zufallsstichprobe von 183 Patienten aus einer Gesamtheit von 80845 konsekutiven Patienten des Jahres 2019 von interdisziplinären Krankenhausnotaufnahmen in zwei Häusern der Schwerpunktversorgung.

Ergebnisse: 183 wurden Patienten analysiert (50,3% männlich, Alter 59,5 ± 23,7 Jahre). 2 (1,1%) Patienten waren durch das Manchester Triage System (MTS) der Triagegruppe 1 (rot) zugeordnet, jeweils 20 (11,3%), 100 (56,5%), 52 (29,4%) und 3 (1,7%) den Gruppen 2 (orange), 3 (gelb), 4 (grün) und 5 (blau).

78 Patienten wurden stationär aufgenommen, 105 Patienten (57,3%) wurden liegend vorgestellt (53,3% männlich, Alter 68 ± 21 Jahre). Von diesen 105 wurden 48 (45,7%) aus der Notaufnahme entlassen. Entlassene waren im Vergleich zu stationär aufgenommenen Patienten häufiger in den Triagegruppen 4 (37,5% vs. 14,0%) und 3 (62,5% vs 59,6%) und seltener in den Gruppen 2 (0% vs 22,8%) oder 1 (0% vs 3,5%) (p<0,001). Das häufigste gewählte MTS Diagramm bei den stationär aufgenommenen liegend vorgestellten Patienten war „Unwohlsein bei Erwachsenen“ (n=13; 22,8%), bei den entlassenen Patienten „Urologische Probleme“ (n=11; 22,9%) gefolgt von „Extremitätenprobleme“ (n=7; 14,6%).

Entlassene erhielten signifikant seltener ein EKG (31,3% vs 71,2%; p<0,001), eine CT-Untersuchung (14,6 vs 42,0%; p=0,003) oder eine Infusion (27,1% vs 56,0%; p=0,004), aber häufiger eine einfache medizinische Maßnahme (20,8% vs 5,3%; p=0,016). 28 (15,3% der Gesamtzahl) der entlassenen Patienten nahmen keine krankenhaustypischen Ressourcen in Anspruch. 8 davon erhielten einfache medizinische Maßnahmen, 15 lediglich eine ärztliche Begutachtung. 14 der entlassenen Patienten wurden aus einem Pflegesetting vorgestellt. Von diesen wurden 6 (3,3% der Gesamtpatientenzahl) zur Anlage (n=2) oder zum Wechsel (n=3) von Blasenkathetern) oder zum einfachen Wundverschluss (n=1) vorgestellt.

Diskussion: Ein relevanter Anteil der Stichprobe bestand aus Patienten, die liegend vorgestellt wurden, aber nur einfache ärztliche Beurteilungen oder einfache medizinische Maßnahmen benötigten. Ein erheblicher Anteil davon wurde aus einer pflegerischen Versorgung heraus vorgestellt.

Praktische Implikationen: Ein vermehrtes Angebot an medizinischer Akutbetreuung und barrierefreien Notfallambulanzen im ambulanten Sektor könnte zu einer Reduktion von Vorstellungen in Krankenhausnotaufnahmen beitragen. Regionale und infrastrukturbedingte Unterschiede sind zu erwarten.