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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Allgemeinmedizinisch versorgte Patienten in einer universitären Notaufnahme: Beratungsanlässe, Beschwerdedauer und vorangegangene Arztkontakte

Meeting Abstract

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  • Tanja Schleef - Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Nils Schneider - Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Olaf Krause - Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf352

doi: 10.3205/20dkvf352, urn:nbn:de:0183-20dkvf3524

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Schleef et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Notaufnahmen haben steigende Fallzahlen zu verzeichnen. Mehr als die Hälfte aller vorstelligen Patienten kann nach Diagnostik und Erstversorgung ambulant verbleiben [1]. Als Reaktion auf diesen großen und zunehmenden Anteil ambulanter Patienten mit weniger dringlichen Beschwerden wurden Allgemeinärzte in eine universitäre Zentrale Notaufnahme (ZNA) integriert. Diese ergänzen montags bis freitags von 10–18 Uhr die Ärzte der bettenführenden Fachdisziplinen.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel ist es, Patienten mit nachrangiger Behandlungsdringlichkeit, die in der universitären ZNA allgemeinmedizinisch versorgt werden, differenziert zu beschreiben. Dabei ergeben sich folgende Fragestellungen:

  • Welche Beratungsanlässe haben allgemeinmedizinisch versorgte Patienten?
  • Wie lange bestanden die aktuellen Beschwerden?
  • Wurde vor der Vorstellung in der Notaufnahme aufgrund der aktuellen Beschwerden ein niedergelassener Arzt aufgesucht?

Methode: Deskriptive Auswertung der klinischen Routinedaten aus dem Krankenhausinformationssystem sowie eines selbst entwickelten Erhebungsbogens für ergänzende Informationen.

Ergebnisse: Zwischen 01.01.2018 und 30.06.2019 wurden 2469 Patienten (Durchschnittsalter 46,2 Jahre; Spanne 14–100 Jahre; 55,0% weiblich) in der Notaufnahme durch einen Allgemeinarzt versorgt. Für 1897 Patienten lagen Angaben zur Beschwerdedauer, vorangegangenen Arztkontakten und zum Beratungsanlass vor, 2096 Beratungsanlässe wurden dokumentiert.

Die fünf häufigsten Beratungsanlässe waren Bauchschmerzen (298/14,2%), Rückenschmerzen (202/9,6%), Brustschmerzen (112/5,3%), Übelkeit/Erbrechen (84/4,0%) und Abklärung einer Synkope (79/3,8%). Abhängig vom Beratungsanlass lag der Anteil der Patienten mit Arztkontakten vor dem Aufsuchen der ZNA bei ca. 30% bis über 75%. Vorangegangene Arztkontakte waren am häufigsten bei Patienten, die sich zum Ausschluss einer Thrombose (75,9%), mit Luftnot (65,0%) oder Husten (63,6%) vorstellten. Den geringsten Anteil an vorangegangenen Arztkontakten hatten Patienten zur Synkopenabklärung (30,4%), mit Kreislaufbeschwerden (32,0%) oder mit Übelkeit/Erbrechen (39,3%). Bei 75% der Patienten bestanden die Beschwerden seit mindestens dem Vortag, bei 34% traten die Beschwerden mehr als eine Woche vor dem ZNA-Besuch auf.

Diskussion: Patienten suchen auch bei nicht-akuten Beschwerden und trotz vorangegangener hausärztlicher und/oder fachspezialistischer Vorstellung die Notaufnahme auf. Die häufigsten Beratungsanlässe in der ZNA decken sich nur zum Teil mit denen der hauärztlichen Versorgung: Brustschmerzen und Synkopen zählen nicht zu den häufigsten Beschwerden in der Hausarztpraxis [2].

Praktische Implikationen: Die Integration der Fachrichtung Allgemeinmedizin in die universitäre Notaufnahme ist sinnvoll, ohne ein Ersatz für die vertragsärztliche Versorgung zu sein. Für eine bessere Steuerung der Patienten sind gesundheitspolitische Maßnahmen erforderlich.


Literatur

1.
Wahlster P, Czihal T, Gibis B, Henschke C. Sektorenübergreifende Entwicklung in der Notfallversorgung. Gesundheitswesen. 2020;82(6).
2.
Kühlein T, Laux G, Gutscher A, Szecsenyi J. Kontinuierliche Morbiditätsregistrierung in der Hausarztpraxis. 2008. Verfügbar unter: http://www.content-info.org/public/berichtsband/CONTENT_Berichtsband_1.pdf Externer Link