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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Adhärenzeinflüsse Allgemeinmedizinischer PatientInnen

Meeting Abstract

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  • Roland Polacsek-Ernst - Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf300

doi: 10.3205/20dkvf300, urn:nbn:de:0183-20dkvf3000

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Polacsek-Ernst.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Verbesserung der Therapietreue von PatientInnen wird in vielen Ländern gesundheitspolitisch diskutiert. Nichtadhärenz von PatientInnen führt nicht nur zu negativen Auswirkungen auf den Therapieerfolg und damit die Gesundheit der PatientInnen, sondern wird mit Kosten von ca. 2-13% der nationalen Gesundheitsausgaben beziffert. Ein tieferes Verständnis für die PatientInnenadhärenz könnte zur bedarfsgerechten Förderung der Therapietreue und Optimierung der Ressourcenallokation beitragen.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der Untersuchung war es, positive und negative Einflüsse auf die Adhärenz in der allgemeinmedizinischen Versorgung, als größte primärärztliche Versorgungs-gruppe, zu identifizieren, deren Auftrittshäufigkeit sowie Zusammenhänge zu quantifizieren und für Unterstützungsmaßnahmen handhabbar zu machen.

Methode oder Hypothese: Diese Studie ist Teil einer umfassenden Untersuchung in welcher der Adhärenzprozes von 126 PatientInnen in fünf allgemeinmedizinischen Praxen (drei Ärzte und zwei Ärztinnen) von der Konsultation bis sechs Wochen nach dieser qualitativ erforscht werden sollte. Für diese Untersuchung wurden semistrukturierte Telefoninterviews sechs Wochen nach der Konsultation zum Adhärenzverhalten ausgewertet. 82 PatienInnen (65%) nahmen an den Interviews teil. Diese wurden transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Im Rahmen eines Mixed Method Ansatzes wurden Adhärenzraten und Sozialvariablenangaben mit den Interviewergebnissen verknüpft und statistisch ausgewertet (Chi-Quadrat Tests, Kendall´s Tau Korrelationen).

Ergebnisse: Es wurden 495 Einflüsse auf die Adhärenz genannt und fünf Überkategorien (Krankheitserleben, Behandlungsplan, Selbstdisziplin/-organisation, Gesundheitssystem, Alltagsleben) mit 26 Kategorien (jeweils 13 positive und negative) zugeordnet. Die häufigsten positiven Einwirkungen waren „ÄrztInnen wirken positiv“, „strikte Einhaltung des Behandlungsplans“, sowie „Anpassungen mit ÄrztInnen und Ergänzungen“. Bei den negativen Faktoren wurden vor allem „PatientInnen wollen Behandlung nicht (weiter)machen“, „Adhärenz gelingt nicht wie gewollt“ und „andere negative Einflüsse“ oft genannt. 11 signifikante und relevante Korrelationen unterstreichen die Vernetzung dieser Einwirkungen.

Die Adhärenzrate betrug 45%. Sieben negativen Faktoren und ein positiver wurden signifikant häufiger in Zusammenhang mit Nichtadhärenz genannt. Die Einflussfrequenzen variieren bei unterschiedlichen Sozialvariablenausprägungen signifikant.

Diskussion: Die Ergebnisse werden im Zusammenhang bisheriger wissenschaftlicher Erkenntnisse diskutiert.

Praktische Implikationen: Bei der Maßnahmenentwicklung zur Verbesserung der Adhärenz in der allgemeinmedizinischen Versorgung sollten die unterschiedlichen Einflüsse auf die Adhärenz und deren Zusammenspiel berücksichtigt werden. Dabei sollten nicht nur häufige, sondern auch seltene Faktoren Beachtung finden. Vor allem Adhärenzbarrieren wirken negativ auf die Therapietreue. Unterschiedliche PatientInneneigenschaften sollten einbezogen werden.