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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Entwicklung eines nephrologischen eHealth-Systems: Bedarf an Informationsaustausch sowie Barrieren der Nutzung in der hausärztlichen Versorgung

Meeting Abstract

  • Tanja Schleef - Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Lars Pape - Klinik für Päd. Nieren-, Leber- und Stoffwechselerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Michael Marschollek - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Jessica Kaufeld - Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Mario Schiffer - Klinik für Nephrologie und Hypertensiologie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • Yvonne Schill - Klinik für Päd. Nieren-, Leber- und Stoffwechselerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Nils Schneider - Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf283

doi: 10.3205/20dkvf283, urn:nbn:de:0183-20dkvf2831

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Schleef et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz fallen große Mengen krankheitsbezogener Daten an. Oft bestehen komplexe medikamentöse Behandlungsbedarfe, stationäre Aufenthalte sind häufig. In der Regel werden diese Patienten im ambulanten Bereich durch (Kinder-)Nephrologen und/oder weitere Leistungserbringer versorgt, die Behandlung weiterer Erkrankungen erfolgt durch den Hausarzt bzw. Kinderarzt.

Zugehörige Patientenakten werden in separaten IT-Systemen vorgehalten und sind sektorenübergreifend nur über papierbasierte Arztbriefe oder den telefonischen Austausch verknüpft, was zu Informations- und Datenverlusten führen kann.

Jenseits eines regionalen Nierentransplantationsprojektes existiert in Deutschland bislang kein nephrologisches eHealth-Netzwerk. International wurde bereits gezeigt, dass die Digitalisierung nephrologischer Behandlungsdaten zu einer besseren Patientenversorgung führt [1].

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel ist es, eine digitale Fallakte (eFA) zu entwickeln, die den Papier-Arztbrief ersetzt und mit dem Krankenhaus- sowie Praxissystem verknüpft ist. Nutzer sollen (Kinder-)Nephrologen, Pädiater, Hausärzte sowie Patienten sein.

Um eine Nutzerorientierung zu gewährleisten, erfolgen zunächst Interviews mit Hausärzten zu folgenden Fragestellungen:

  • Welchen Bedarf an Informationsaustausch haben Hausärzte mit niedergelassenen Nephrologen sowie stationären Einrichtungen?
  • Welche Vorstellungen haben Hausärzte zu Inhalt und Funktionen einer eFA und was sind förderliche Faktoren sowie Barrieren für eine zukünftige Nutzung?

Methode: Im vorgeschalteten qualitativen Teilprojekt werden leitfadengestützte Interviews durchgeführt. Die Auswertung folgt der qualitativen Inhaltsanalyse nach Schreier.

Ergebnisse: Fünf Interviews wurden bislang geführt. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich Hausärzte einen gemeinsam geführten Medikationsplan sowie Zugriff auf (Krankenhaus-)Diagnosen, Entlass-/Arztbriefe und Labordaten wünschen. Ebenso sollten individuelle Therapieziele des Patienten und Behandlungsentscheidungen für alle an der Behandlung Beteiligten hinterlegt sein. Eine schriftbasierte Fragefunktion, die direkten Kontakt zu weiteren Behandlern ermöglicht, wird begrüßt, Videokonsultationen werden aufgrund des Organisationsaufwandes zurückhaltend bewertet. Barrieren sind Doppeldokumentationen oder Sicherheitsbedenken.

Diskussion: Hausärzte äußern großes Interesse an einer eFA, jedoch auch die Erfahrung, dass Digitalisierung für sie mit zusätzlichem Zeitaufwand verbunden ist. Ebenso herrscht Skepsis, ob tatsächlich Doppeldokumentationen vermieden werden können. Ein Mehrwert durch eine eFA ist aus hausärztlicher Sicht dann gegeben, wenn eine Zeitersparnis auf ärztlicher Seite und eine Verbesserung der Patientenversorgung erkennbar sind.

Praktische Implikationen: Um Barrieren in der zukünftigen Anwendung zu überwinden, sollten die späteren Nutzer bereits in die Entwicklung eingebunden werden.


Literatur

1.
Tan J, Mehrotra A, Nadkarni GN, He JC, Langhoff E, Post J, Galvao-Sobrinho C, Thode HC Jr, Rohatgi R. Telenephrology: Providing Healthcare to Remotely Located Patients with Chronic Kidney Disease. Am J Nephrol. 2018;47(3):200-207. DOI: 10.1159/000488004 Externer Link