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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Psychische Belastungen und Bewältigungsstrategien älterer Menschen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie

Meeting Abstract

  • Franziska Förster - Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Katja Schladitz - Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Franziska Welzel - Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Margrit Löbner - Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Steffi G. Riedel-Heller - Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf262

doi: 10.3205/20dkvf262, urn:nbn:de:0183-20dkvf2624

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Förster et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Der Ausbruch der COVID-19 Pandemie hat zu einer Verunsicherung über Erkrankungsrisiko und Folgen der Virusinfektion in der Bevölkerung geführt. Ältere Menschen gelten als besonders anfällig für schwere Infektionsverläufe und wurden im erhöhten Maße zu sozialer Distanzierung aufgerufen. In der Folge wurden negative Auswirkungen von Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen auf die psychische Gesundheit älterer Menschen befürchtet.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel dieser Untersuchung war es, psychosoziale Belastungen, Bewältigungsstrategien, Unterstützungsbedarfe und Kohärenzerleben älterer Menschen (70+) im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zu identifizieren.

Methode oder Hypothese: Die vorliegende Studie folgt einem qualitativen Untersuchungsdesign in Form von telefonisch erhobenen Einzelinterviews (N=11). Die Durchführung der Interviews erfolgte leitfadengestützt in Anlehnung an das transaktionale Stressmodell nach Lazarus & Folkman [1] und das Salutogenesemodell nach Antonovsky [2], [3]. Die Daten wurden mittels Audioaufzeichnung festgehalten und vollständig transkribiert. Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring & Fenzl [4] erfolgte mittels MAXQDA.

Ergebnisse: Die Probanden waren im Durchschnitt 74.8 Jahre alt und zeigten ein überwiegend stabiles Wohlbefinden, sowie eine gute Anpassung an die Maßnahmen im Zuge der Eindämmung des COVID -19 Geschehens. Der größte Teil der Befragten sah sich altersbedingt als Risikogruppe, machte sich aber wenig Sorgen um eine eigene Gefährdung. Sorgen und Ängste bezogen sich vorrangig auf nahestehende Personen und gesellschaftliche Folgen. Alle Probanden waren über das aktuelle Geschehen gut informiert und äußerten Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahmen. Änderungen in ihren Alltag nahmen sie auf sich und passten sich an. Vorhandene Lebenserfahrung und früher bewältigten Krisen, sowie eine optimistische Grundeinstellung wurden als wesentliche Ressourcen zum Umgang mit der Pandemie genannt. Externe Unterstützungsangebote, abseits der Familie wurden kaum in Anspruch genommen, aber als positives Zeichen der Solidarität wahrgenommen.

Diskussion: Ältere Menschen mit einem guten Gesundheitszustand erhalten sich diesen während der Pandemie. Bei einem gut ausgebauten sozialen Netzwerk scheint ein plötzliches Auftreten von Einsamkeit im Zuge der Pandemie eher unwahrscheinlich. Bereits vor der Pandemie bestehende Alltagsschwierigkeiten oder psychische Beeinträchtigungen verschärfen sich dagegen im Zusammenhang mit einschränkenden Maßnahmen.

Praktische Implikationen: Hilfsangebote müssen auf spezifische Subgruppen älterer Menschen ausgerichtet werden. Lebenserfahrungen älterer Menschen sollten als gesellschaftliche Ressource verstanden und genutzt werden.


Literatur

1.
Lazarus RS, Folkman S. Stress, appraisal and coping. New York: Springer Publishing Company; 1984.
2.
Antonovsky A. Health, stress, and coping. San Francisco: Jossey-Bass; 1979.
3.
Antonovsky A. The salutogenic model as a theory to guide health promotion. Health Promot Int. 1996;11:11-8. DOI: 10.1093/heapro/11.1.11 Externer Link
4.
Mayring P, Fenzl T. Qualitative Inhaltsanalyse. In: Baur N, Blasius J, editors. Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden; 2019. p. 633-648. DOI:10.1007/978-3-658-21308-4_42 Externer Link