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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Aktivitätenaufbau durch Online-Coaches für Depressionen? – Ergebnisse einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie

Meeting Abstract

  • Margrit Löbner - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig,
  • Elena Weitzel - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig,
  • Alexander Pabst - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig,
  • Anette Kersting - Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Leipzig
  • Steffi G. Riedel-Heller - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf228

doi: 10.3205/20dkvf228, urn:nbn:de:0183-20dkvf2284

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Löbner et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Zahlreiche Studien belegen die Wirksamkeit internetbasierter Interventionen bei einem breiten Spektrum psychischer Erkrankungen. Der Aktivitätenaufbau ist im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie ein bedeutsames Therapieziel bei der Behandlung von Depressionen in Anlehnung an das Verstärker-Verlust-Modell nach Lewinsohn (1974). Auch Online-Coaches integrieren häufig Übungen zur Aktivitätensteigerung. Inwiefern diese Übungen auch tatsächlich zum Aktivitätenaufbau beitragen, ist bisher kaum untersucht.

Fragestellung und Zielsetzung: Im Fokus der Untersuchung steht ein Online-Coach zur Verbesserung depressiver Symptome und inwiefern dieser im Zeitverlauf von 6 Wochen bzw. 6 Monaten den Aktivitätenaufbau in Bezug auf die Häufigkeit sowie die erlebte Freude bei der Ausführung angenehmer Aktivitäten beeinflusst.

Methode oder Hypothese: Im Rahmen einer Sekundäranalyse wurden Daten aus einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie mit N=647 Hausarztpatient*innen mit leichter bis mittelgradiger Depression, die durch 112 hausärztliche Praxen rekrutiert wurden. Die Interventionsgruppe (IG, N=320) erhielt die hausärztliche Standardbehandlung + Zugang zum Online-Coach, die Kontrollgruppe (KG, N=327) erhielt weiterhin die hausärztliche Standardbehandlung. Der Aktivitätenaufbau wurde über die Häufigkeit sowie die erlebte Freude bei Aktivitäten operationalisiert (Aktivitätenskalen des International Social Survey Programmes (Scholz, Lenzner, & Heller, 2009)). Auswertungen erfolgten mittels Intention-to-treat Analyse.

Ergebnisse: In der Interventionsgruppe (IG) konnte im Vergleich zur Kontrollgruppe (KG) langfristig ein signifikant gesteigerter Aktivitätenaufbau im Sinne einer gesteigerten Häufigkeit von angenehmen Aktivitäten festgestellt werden (nach sechs Monaten t(1406)=2,25, p=,024). Ein signifikant gesteigerter Aktivitätenaufbau im Sinne einer stärkeren erlebten Freude bei Aktivitäten lag in der IG im Vergleich zur KG sowohl kurz- als auch langfristig vor (nach sechs Wochen t(1405)=2,11, p=,035; nach sechs Monaten t(1405)=3.44, p=.001).

Diskussion: Der Einsatz von Online-Coaches kann hilfreich sein, um den Aufbau von Aktivitäten bei Patienten mit leichter bis mittelgradiger Symptomatik zu unterstützen.

Praktische Implikationen: Online-Coaches sind nicht nur als Add-on in der hausärztlichen Versorgung denkbar. Vielmehr kann eine zusätzliche Nutzung im Rahmen der psychotherapeutischen Versorgung (z.B. als Hausaufgaben) den Aktivitätenaufbau positiv beeinflussen und somit auch den Behandlungserfolg bei depressiver Symptomatik stärken.