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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Einfluss von Migrationshintergrund und sozioökonomischen Status auf die Inanspruchnahme von aufsuchender Hebammenbetreuung im Wochenbett in Hessen

Meeting Abstract

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  • Kristina Luksch - Hochschule für Gesundheit, Institut für Angewandte Gesundheitsforschung –Schwerpunkt Midwifery & Reproductive Health, Bochum, Deutschland
  • Sabine Löffert - Deutsches Krankenhausinstitut (DKI), Düsseldorf, Deutschland
  • Karl Blum - Deutsches Krankenhausinstitut (DKI), Düsseldorf, Deutschland
  • Nicola H. Bauer - Hochschule für Gesundheit, Institut für Angewandte Gesundheitsforschung –Schwerpunkt Midwifery & Reproductive Health, Bochum, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf227

doi: 10.3205/20dkvf227, urn:nbn:de:0183-20dkvf2271

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Luksch et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Aus Mangel an Informationen über die geburtshilfliche Versorgung durch Hebammen für das Bundesland Hessen, hat das Hessische Ministerium für Soziales und Integration das Gutachten „Hebammenhilfe in Hessen„ in Auftrag gegeben. Im Rahmen dieses Gutachtens wurden unteranderem Mütter befragt. In Deutschland können Mütter nach der Geburt bis zu 44 Termine bei einer Hebamme in Anspruch nehmen [1]. Der Zugang zu Hebammen scheint nicht niederschwellig, so müssen Frauen eigenständig eine Hebamme für die Versorgung im Wochenbett suchen. Die aktuelle Situation wird durch den in einigen Regionen vorherrschenden Hebammenmangel erschwert, so dass möglicherweise Frauen mit Migrationshintergrund oder einem niedrigen sozioökonomischen Status (SES) benachteiligt sind [2].

Fragestellung und Zielsetzung: Wie viele Frauen nehmen die Hebammenbetreuung im Wochenbett in Anspruch und in welchem Umfang? Wie gestaltet sich der Zugang zu Hebammenversorgung für Frauen mit Migrationshintergrund oder einem niedrigen SES?

Methode oder Hypothese: In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden Frauen, die im Jahr 2018 geboren haben zur Inanspruchnahme mit Hebammenhilfe befragt. 1.530 Fragebögen konnten in die Analyse einbezogen werden. Es wurden deskriptive und Verfahren der Inferenzstatistik durchgeführt. Ein ethisches Clearing ist erfolgt. Zudem wurde ein positives Votum durch den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit eingeholt.

Ergebnisse: 96% der befragten Mütter haben postpartal Hebammentermine in Anspruch genommen. Signifikant unterproportional war die Inanspruchnahme bei Frauen mit niedrigem Bildungsstatus, mit Migrationshintergrund und aus Haushalten mit niedrigem Einkommen. Durchschnittlich wurden Frauen zwölfmal von einer Hebamme besucht. Bei der Nicht-Inanspruchnahme von Hebammen gibt es einen signifikanten Unterschied im Hinblick auf den Faktor Migrationshintergrund. Während 13% der Frauen, welche Deutsch nicht als Muttersprache nannten, keine Hebamme in Anspruch genommen haben, waren es bei den Muttersprachlerinnen 5%. Zudem haben Mütter mit niedrigem Haushaltseinkommen (<2000€) mit 8% signifikant häufiger keine Hebammen in Anspruch genommen als Mütter aus Haushalten mit höheren Einkommen (4%).

Diskussion: Die Wochenbettbetreuung in Deutschland ist in seinem Umfang einzigartig. Doch ist nicht sichergestellt, dass vulnerable Gruppen, die von Hebammenhilfe möglicherweise besonders profitieren, ausreichend versorgt werden. Risikofaktoren für die Nicht-Inanspruchnahme von Wochenbettbetreuung scheinen niedriges Einkommen sowie Migrationshintergrund zu sein.

Praktische Implikationen: Barrieren im Zugang zur Hebammenbetreuung für Frauen aus vulnerablen Gruppen sollten abgebaut werden. Hierbei muss der Zugang zu Hebammen mitbedacht werden.


Literatur

1.
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – in der Fassung vom 20. Dezember 1988, zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. März 2019, §134a.
2.
AOK Rheinland/Hamburg. Gesunder Start ins Leben. Schwangerschaft – Geburt – erstes Lebensjahr. Analysen zur Versorgungssituation im Rheinland und in Hamburg 2018. 2018.