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Hausärztliches Training in der Kurzberatung zur Tabakentwöhnung nach der ABC und 5As Methode als Implementierungsstrategie zur Verbesserung der Versorgung der Tabakabhängigkeit in Deutschland: Ergebnisse einer pragmatischen, zweiarmigen Cluster-randomisierten Studie in 52 Hausarztpraxen
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Veröffentlicht: | 25. September 2020 |
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Hintergrund und Stand nationaler Forschung: In Deutschland raucht immer noch 28% der Bevölkerung Tabak. Die S3-Leitlinie zur Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums empfiehlt, dass Hausärzt*innen ihren rauchenden Patient*innen regelmäßig den Rauchstopp sowie evidenzbasierte Methoden der Tabakentwöhnung empfehlen. Dies wird jedoch selten umgesetzt, weshalb evidenzbasierte Strategien zur verbesserten Leitlinienimplementierung in der hausärztlichen Versorgung entwickelt werden sollten. Wir haben daher ein 3,5-stündiges Training für Hausärzt*innen in der Kurzberatung zur Tabakentwöhnung nach zwei unterschiedlichen Kurzberatungsmethoden – ABC und 5As – entwickelt und pilotiert, dessen Wirksamkeit evaluiert werden soll.
Zielsetzung: Analyse der Wirksamkeit des Trainings auf die patientenberichtete Rate hausärztlicher Empfehlungen zum Rauchstopp sowie zu evidenzbasierten Therapien der Tabakentwöhnung während Routinesprechstunden. Vergleich der Beratungsmethoden – ABC und 5As – hinsichtlich dieser Empfehlungsraten.
Methode: Zweiarmige, pragmatische Cluster-randomisierte Studie in 52 Hausarztpraxen (69 Hausärzt*innen) mit 1.937 rauchenden Patient*innen (n=1.039 vor bzw. n=898 nach dem hausärztlichen Training) in Nordrhein-Westfalen. Hausarztpraxen wurden auf ein ABC- oder ein 5As Training randomisiert (1:1). Primärer Endpunkt: patientenberichteter Erhalt einer Rauchstoppempfehlung (ja/nein) während der hausärztlichen Konsultation in einem Zeitraum von 6 Wochen nach dem Training im Vergleich zu den 6 Wochen davor. Sekundäre Endpunkte: u.a. patientenberichteter Erhalt von Empfehlungen für Verhaltenstherapie, Pharmakotherapie (Nikotinersatz, Vareniclin oder Bupropion) zur Tabakentwöhnung, oder der Kombination, sowie der Vergleich der Wirksamkeit von ABC und 5As (Interaktion) bezüglich aller Endpunkte. Die Daten wurden mit mehrstufigen, „mixed-effects„ logistischen Regressionsmodellen analysiert, adjustiert für potenzielle Störfaktoren.
Ergebnisse: Die Rate hausärztlicher Rauchstoppempfehlungen stieg von 13,1% (n=136/1.039) vor auf 33,1% (n=297/898) nach dem Training (adjustierte Odds ratio (aOR)=3,25, 95%KI=2,34-4,51, p<0,001). Alle evidenzbasierten Methoden der Tabakentwöhnung wurden vor dem Training selten empfohlen (<2%), nach dem Training jedoch signifikant häufiger (z.B., Verhaltenstherapie: aOR=7,15, 95%KI=4,02-12,74; Pharmakotherapie insgesamt: aOR=7,99, 95%KI=4,11-15,52). Die Rauchstoppempfehlungsraten stiegen in der ABC- verglichen mit der 5As-Gruppe stärker an (aOR=1,71, 95%KI=0,94-3,12), jedoch nicht signifikant (p=0,08).
Diskussion: Das 3,5-stündige Training zur Kurzberatung zur Tabakentwöhnung bietet eine hochwirksame Strategie zur Umsetzung der Leitlinienempfehlungen zur Behandlung der Tabakabhängigkeit in der hausärztlichen Versorgung. Die ABC-Methode scheint zu höheren Raten hausärztlicher Rauchstoppempfehlung in Routinekonsultationen zu führen.
Praktische Implikationen: Strategien zur weiteren Steigerung der Kurzberatungsraten zur Tabakentwöhnung und zur breiten Implementierung des Trainings in der hausärztlichen Versorgung in Deutschland sollten evaluiert werden.