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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Entwicklung eines Datenschutzkonzepts zur Nutzung ambulanter Routinedaten in der Versorgungsforschung

Meeting Abstract

  • Sophie Rybczak - TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., Berlin, Deutschland
  • Valérie Kempter - TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., Berlin, Deutschland
  • Johannes Pung - Institut für Medizinische Informatik, Universitätsmedizin Göttingen GEORG-AUGUST-UNIVERSITÄT, Göttingen, Deutschland
  • Arne Blumentritt - Unabhängige Treuhandstelle, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • Thomas Bahls - Unabhängige Treuhandstelle, Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Deutschland
  • Roland Groh - Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung, Göttingen, Deutschland
  • Phillip Wieder - Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung, Göttingen, Deutschland
  • Johannes Hauswaldt - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen GEORG-AUGUST- UNIVERSITÄT, Göttingen, Deutschland
  • Stephanie Heinemann - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen GEORG-AUGUST- UNIVERSITÄT, Göttingen, Deutschland
  • Falk Schlegelmilch - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen GEORG-AUGUST- UNIVERSITÄT, Göttingen, Deutschland
  • Eva Hummers - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen GEORG-AUGUST- UNIVERSITÄT, Göttingen, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf195

doi: 10.3205/20dkvf195, urn:nbn:de:0183-20dkvf1959

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Rybczak et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Während die Bereitstellung von Routine-Behandlungsdaten für die Gesundheitsforschung im stationären Sektor in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit erfahren hat, z.B. durch die Medizininformatik-Initiative des BMBF, gibt es bislang nur wenig Projekte zur systematischen Nutzung von Daten direkt aus der ambulanten Behandlung. Obwohl diese Daten für viele Fragen der Versorgungsforschung von großer Relevanz sind und diese entsprechend international seit langem genutzt werden, fehlt in Deutschland der Zugriff jedoch weitgehend bzw. ist nur unter großem Aufwand möglich. Neben technischen und organisatorischen Problemen sowie Fragen der Datenqualität stellen insbesondere auch Datenschutz und ärztliche Schweigepflicht relevante Hürden dar.

Fragestellung: Wie können Routinedaten aus der hausärztlichen Praxis für die Versorgungsforschung datenschutzkonform genutzt werden?

Methode: Auf Basis einer Analyse der Anforderungen aller Beteiligten wurde ein Datenschutzkonzept entwickelt. Neben den Anforderungen der Forscher*innen spielten hier auch Fragen der organisatorischen und technischen Machbarkeit in einer hausärztlichen Praxis eine Rolle.

Die Entwurfsfassung des Konzepts wurde in einen Abstimmungsprozess mit der Arbeitsgruppe (AG) Datenschutz der TMF eingebracht, entsprechend der Diskussion überarbeitet und abschließend von der AG positiv votiert.

Ergebnisse: Als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten sowie deren Transfer aus den Praxen heraus wird eine freiwillige und informierte Einwilligung der Patient*innen sowie eine ergänzende Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht eingeholt. Die Behandlungsdaten werden noch in der Praxis in identifizierende (IDAT) und medizinische Daten (MDAT) durch eine hierfür im Projekt entwickelte Software aufgeteilt und vorverarbeitet. Die zentrale Bereitstellung der pseudonymen MDAT für die Forschung erfolgt in einer Forschungsdatenbank. Die IDAT werden getrennt davon durch eine unabhängige Treuhandstelle verwaltet.

Die Umsetzbarkeit des Konzepts konnte anhand einer ausgewählten Datengewinnung aus 8 Praxen mit 100 Patient*innen gezeigt werden. Eine Re-Kontaktierungsoption in der Einwilligungserklärung erlaubte in 84 Fällen eine schriftliche Nachbefragung.

Diskussion: Das hier entwickelte Datenschutzkonzept für die Nachnutzung ambulanter Routinedaten kann als modellhaft angesehen werden. Herausfordernd bleibt die Rekrutierung von Praxen. Daher sollte künftig die Frage, welchen Nutzen die Ärzt*innen von der Aufbereitung und Bereitstellung ihrer Routinedaten haben, stärker fokussiert werden. Zudem stellen Aufklärung und Einwilligung der Patienten eine Hürde für die Ärzt*innen und ihr Personal dar. Insofern sollten auch Ansätze zur Nutzung anonymisierter Routinedaten untersucht werden, auch wenn es in Bezug auf die Anonymisierung noch an anerkannten Standards fehlt.

Praktische Implikationen: Die notwendigen Ressourcen für die Erstellung und Abstimmung eines Datenschutzkonzepts bei Vorhaben mit personenbezogenen Daten dürfen nicht unterschätzt werden. Beispielhafte Konzepte wie das hier vorgestellte können bei der Projektplanung helfen und die Umsetzung beschleunigen.