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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Verbessertes Diabetes-Selbstmanagement auf Grundlage gruppenbasierter Schulungsprogramme anhand der Glicemia 2.0 Studie: Gesundheitsökonomische Analyse am Beispiel einer komplexen Intervention

Meeting Abstract

  • Cordula Forster - Wilhelm Löhe Hochschule Fürth, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Deutschland
  • Peter Jaensch - Wilhelm Löhe Hochschule Fürth, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Deutschland
  • Sebastian Müller - Wilhelm Löhe Hochschule Fürth, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Deutschland
  • Katja Prax - FAU Erlangen-Nürnberg, Department für Chemie und Pharmazie, Nürnberg, Deutschland
  • Helmut Schlager - WIPIG – Wissenschaftliches Institut für Prävention im Gesundheitswesen, Bayerische Landesapothekenkammer, Deutschland
  • Kristina Friedland - Universität Mainz, Institut für Pharmazie und Biochemie, Mainz, Deutschland
  • Jürgen Zerth - Wilhelm Löhe Hochschule Fürth, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf174

doi: 10.3205/20dkvf174, urn:nbn:de:0183-20dkvf1741

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Forster et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Ein gängiger Ansatz der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens bei Diabetes mellitus Typ-2 beruht auf nachhaltiger Inzentivierung der für Patient*innen wichtigen Passung von Lebensstilverhalten und therapeutischer Compliance und Adherence. Im Rahmen der Glicemia 2.0 Studie wurde versucht, Patient*innen mit Hilfe gruppentherapeutischer Schulungen und einem begleitenden Medikationsmanagement am Point of Care (PoC) Apotheke zu einem verbesserten Selbstmanagement heranzuführen.

Methode oder Hypothese: Es wurden 26 Apotheken für die Studie ausgewählt. In der Glicemia-Gruppe wurden 97 Teilnehmer*innen zugeordnet, in eine Kontrollgruppe, die sich auf passives Medikationsmanagement und Monitoring konzentrierte, 86 Teilnehmer*innen. Primärer Endpunkt im Studiendesign war die Stabilisierung des HbA1c-Wertes. Zur gesundheitsökonomischen Auswertung wurden inkrementale Wirk-Effekte verglichen, die zunächst eine Klärung des gesundheitsökonomisch relevanten Outputs voraussetzen, um anschließend eine mögliche Kosteneffektivität über die Bildung eines „Net-Health-Benefits (Kosteneffektivität für Reduktion von 0,1 Prozentpunkte HbA1c)“ zwischen beiden Gruppen abzuleiten. Aufgrund der gewählten Cluster-Randomisierung wurde sowohl eine Untersuchung der „available cases“ als auch eine Abschätzung der Abbrecher mit „last observation carried forward (LOCF)“ vorgenommen.

Ergebnisse: Das Schulungsprogramm der Interventionsgruppe führt zu einer signifikant höheren Verbesserung der HbA1c -Werte im Vergleich zur Kontrollgruppe, wobei eine vorgenommene Risikostratifizierung über den Anfangsmedian der HbA1c -Werte eine (kurzfristige) Kosteneffektivität vor allem bei Personen mit initial hohen HbA1c-Wert deutlich macht.

Aufgrund des Untersuchungszeitraums sind longitudinal (noch) keine induzierten Unterschiede im Inanspruchnahmeverhalten zwischen Fall- und Kontrollgruppe zu konstatieren, so dass keine induzierten Kostenunterschiede (Future Costs) unterstellt werden können. Ein Gruppenvergleich in der Interventionsgruppe zeigt keinen signifikanten Unterschied in der Entwicklung der HbA1c -Werte zwischen Stadt- und Landapotheken.

Schlussfolgerung: Das Glicemia-Programm weist in der Risikogruppe auf deutliche Effektivitätspotenziale hin, die jedoch für eine Effektivitätsvermutung für Personen mit höherem Risikograd sprechen. Der Wirkeffekt des Designs scheint die Selbstbindung der Fallgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe befördert zu haben, wobei der unmittelbare (organisationsbezogene) Wirkungshebel über den PoC Apotheke nicht validiert werden konnte. Hürden der Programmauswertung liegen in einem fehlenden Follow-up, sodass nur sehr eingeschränkte Aussagen über die Nachhaltigkeit des Effektes und weitere Entwicklungen der Inanspruchnahmeraten möglich sind.