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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

„Ich übernehme nicht alles unkritisch.“ Arzneimittelverordnungen nach Krankenhausbehandlungen als Herausforderung für Hausärzt*innen. Eine qualitative Befragung im Rahmen der WirtMed-Studie

Meeting Abstract

  • Nikoletta Lippert - Allgemeinmedizinisches Institut, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Julia Gollnick - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive, Rehabilitative Medizin, Philipps Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Aylin Gögsen - Allgemeinmedizinisches Institut, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Mariska Herrmann - Allgemeinmedizinisches Institut, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Julia Muth - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive, Rehabilitative Medizin, Philipps Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Franziska Hörbrand - Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, München, Deutschland
  • Norbert Donner-Banzhoff - Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive, Rehabilitative Medizin, Philipps Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Thomas Kühlein - Allgemeinmedizinisches Institut, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland
  • Maria Sebastiao - Allgemeinmedizinisches Institut, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf169

doi: 10.3205/20dkvf169, urn:nbn:de:0183-20dkvf1697

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Lippert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Mit dem Ziel PatientInnen die bestmögliche Behandlung zuteilwerden zu lassen und zugleich eine wirtschaftliche Arzneimittelverordnung zu gewährleisten, wurde 2014 die bayerische Wirkstoffvereinbarung (WSV) eingeführt. Hierbei erhalten ambulant praktizierende ÄrztInnen quartalsweise Rückmeldung zur Wirtschaftlichkeit ihres Verschreibungsverhaltens.

Fragestellung und Zielsetzung: Im WirtMed-Projekt sollen unter anderem erste Erfahrungen niedergelassener, ambulanter ÄrztInnen mit der WSV erfasst und analysiert werden. Im hier vorgestellten Beitrag soll auf den Einfluss von Krankenhausaufenthalten auf das Verordnungsverhalten und die Wirtschaftlichkeit von Hausärzt*innen fokussiert werden.

Methode oder Hypothese: Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden bereits Einzelinterviews mit n=18 bayerischen Hausärzt*nnen geführt. Aktuell werden zudem fünf Fokusgruppen mit ÄrztInnen diverser Fachrichtungen durchgeführt. Die Auswertung erfolgt in Anlehnung an Mayring (2010).

Ergebnisse: Erste Analysen weisen darauf hin, dass vom Krankenhaus initiierte Therapien größtenteils unverändert weitergeführt werden, auch wenn diese nicht den WSV-Vorgaben entsprechen. Die größte Kontroverse liegt bei der Regelung der Nicht-Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagulanzien (DOAKs) sowie dem Umgang mit Kombinationspräparaten. Die Ärzt*innen geben diverse Gründe für die Weiterverordnung an: (1) persönliche Überzeugung bezüglich Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Handhabung, (2) hoher Aufwand, Patient*innen wieder auf zuvor bereits genommene Präparate umzustellen und (3) vermutete Gefahr einer geringeren Compliance bei Therapieumstellung. Nicht weiterverordnet werden zum Beispiel Protonenpumpenhemmer oder Kombinationspräparate. Die Gesamtwirtschaftlichkeit der befragten Hausärzt*innen liegt im positiven Bereich, jedoch werden diverse Einzelziele nicht erreicht, so auch bezüglich der DOAKs.

Diskussion: Krankenhausaufenthalte haben Einfluss auf das individuelle Verordnungsverhalten von ambulanten Ärzt*innen und, daraus resultierend, auf einzelne Wirtschaftlichkeitsziele. Die Befragten bewerten die WSV überwiegend neutral oder positiv. Diese Punkte sollen in den noch folgenden Fokusgruppen vertiefend diskutiert werden.

Praktische Implikationen: Eine Anpassung der DOAKs-Quote sehen die ambulanten Ärzt*innen als dringend erforderlich. Die Diskussion zeigt, wie bedeutsam die Kommunikations- und Aufklärungsarbeit bezüglich der WSV ist und es gilt, diese noch zu stärken.