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Evaluation von Modellvorhaben für sektorenübergreifende Versorgung psychisch kranker Menschen nach §64b SGB V (EVA64) – Ergebnisse zu Behandlungskontinuität, Wiederaufnahme und Arbeitsunfähigkeit
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Veröffentlicht: | 25. September 2020 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Fehlende Schnittstellen sowie die zersplitterte Finanzierung sind ein grundlegendes Problem in der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Deutschland. Der §64b SGB V bietet die Möglichkeit einer (Weiter)entwicklung von Modellen ausgerichtet auf eine sektorenübergreifende, patientenzentrierte Versorgung. Gemeinsames Merkmal aller Modellvorhaben ist dabei die Bildung eines Gesamtbudgets (globales Budget) aus stationärem Krankenhausbudget und den Erlösen der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) als Mischform der internationalen „capitation budgets“ und „block contracts“. Das Krankenhaus ist in der Wahl der Behandlungsform grundsätzlich frei und kann die Behandlung an den Bedürfnissen des Patienten ausrichten. Zusätzlich zu bereits beschriebenen Entwicklungen im voll- und teilstationären Bereich ist es wichtig, weitere Ergebnisparameter zu untersuchen.
Fragestellung und Zielsetzung: Ziel dieser Untersuchung ist die Analyse von Behandlungskontinuität, Wiederaufnahme und Arbeitsunfähigkeit (AU) von Patienten in Modellvorhaben nach §64b SGB V im Vergleich zur Regelversorgung.
Methode oder Hypothese: In einer sekundärdatenbasierten kontrollierten Kohortenstudie werden 18 von insgesamt 21 Modellvorhaben nach § 64b SGB V evaluiert und mit a priori definierten Kontrollkliniken verglichen. Es werden Angaben von insgesamt über 70 gesetzlichen Krankenkassen herangezogen. Behandlungskontinuität bezeichnet den Anteil der Fälle mit mindestens einem Kontakt zum ambulanten Sektor nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Wiederaufnahme beschreibt den Anteil der Patienten mit erneuter vollstationärer Aufnahme innerhalb eines Jahres. Die Behandlungskontinuität und AU-Dauer werden jeweils für vier Jahre betrachtet. Alle Ergebnisse werden deskriptiv und mittels Inferenzstatistik dargestellt.
Ergebnisse: Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Behandlungskontinuität in einigen Modellvorhaben im Vergleich zur Regelversorgung erhöht wurde. In anderen Modellvorhaben war ein gegenteiliger Trend zu beobachten. Auch der Anteil der Personen mit vollstationärer Wiederaufnahme wies zwischen den Modellvorhaben heterogene Ergebnisse auf. Während einige Modellvorhaben statistisch signifikant geringere Wiederaufnahmen verzeichneten, war dies bei anderen Modellvorhaben nicht erkenntlich. Eine Verringerung der AU-Dauer war bei einigen Modellvorhaben im ersten patientenindividuellen Jahr ersichtlich.
Diskussion: Während erste Ergebnisse auf die Existenz von Modelleffekten im Sinne einer Verringerung vollstationärer und Erhöhung teilstationärer und/oder ambulanter Behandlung im Krankenhaus hinweisen, fallen diese bei den sekundären Outcomes und der AU unterschiedlich aus. Die Ausgestaltung einzelner Modellinhalte sollte genauer angeschaut werden auf der Suche, welche Elemente für ein effektives Modell wirken.
Praktische Implikationen: Eine Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und der Weiterführung von Modellvorhaben bzw. der Aufnahme neuer Modellvorhaben orientiert sich u.a. an den Ergebnissen der Evaluationsstudie EVA64.