Artikel
Einflussfaktoren auf den Rehabilitationszugang über die Pflegebegutachtung aus Sicht professioneller Akteur*innen
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 25. September 2020 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Bei Pflegebegutachtungen durch Medizinische Dienste (MD) wird standardmäßig eine Rehabilitationsindikation geprüft und ggf. eine Empfehlung zur medizinischen Rehabilitation ausgesprochen. Mit der Zustimmung der Versicherten gilt die Empfehlung als Rehabilitationsantrag und wird von Pflegekassen an den Rehabilitationsträger (zumeist die Krankenkassen) weitergeleitet. Laut aktuellen Statistiken mündet etwa jede vierte ausgesprochene Empfehlung in einer durchgeführten Rehabilitationsleistung [1]. Bislang weitgehend unbekannt sind jedoch Förderfaktoren und Barrieren in diesem Zugangsweg zur medizinischen Rehabilitation.
Fragestellung und Zielsetzung: Es wurde untersucht, welche versicherten- und verfahrensseitigen Einflussfaktoren die Zustimmung zur Rehabilitationsempfehlung (Antragsauslösung) sowie die Inanspruchnahme einer daraus bewilligten Rehabilitationsleistung beeinflussen können.
Methode oder Hypothese: Im Rahmen einer qualitativen Studie (Laufzeit: 01/19–09/19; Förderung: GKV Spitzenverband) wurden leitfadengestützte Expert*inneninterviews mit Mitarbeiter*innen von MD, Pflegekassen (PK) und Krankenkassen (KK) geführt, die am Zugangsverfahren beteiligt sind. Die Datenauswertung erfolgte nach der Methode der systematischen Textverdichtung [2].
Ergebnisse: Mit 56 Mitarbeiter*innen aus 5 MD (n=12), 10 PK (n=21) und 11 KK (n=23) wurden Interviews geführt. Eine Zustimmung zur Rehabilitationsempfehlung wird aus deren Sicht durch soziodemografische, gesundheitliche, persönlichkeitsbezogene und finanzielle Aspekte sowie die rehabilitationsbezogene Einstellung der Versicherten und deren starke Bindung an die Häuslichkeit beeinflusst. Auf eine tatsächliche Inanspruchnahme nach Leistungsbewilligung wirken neben Gesundheitsaspekten insbesondere rehabilitations-bezogene Erwartungen, Wünsche und soziale Unterstützung. Hinzu kommen verfahrensseitige Faktoren. Einfluss nehmen dabei die z.T. mangelnden/ausgelasteten Rehabilitationsangebote im Einzugsbereich der Versicherten, wahrgenommene Aufnahmeschwierigkeiten der Rehabilitationskliniken bei Versicherten mit Pflegebedarf sowie die wenigen (und schwer verfügbaren) rehabilitationsrelevanten medizinischen Versicherteninformationen bei den Krankenkassen.
Diskussion: Es liegt nahe, dass mehrere der identifizierten Einflussfaktoren ineinandergreifen und sich im Sinne einer Kausalkette überlagern können. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Faktorenkonstellationen stellt eine zentrale Herausforderung für eine Verbesserung der rehabilitativen Versorgung dar.
Praktische Implikationen: Die Studie liefert Hinweise zu den Handlungsmotiven pflegebedürftiger Menschen bezüglich der Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen und gibt Empfehlungen für mögliche Prozessverbesserungen im Zugangsverfahren.