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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Der Begriff der Partizipation im Kontext der Jugendlichen Lebenswelt – eine Exploration der performativen Perspektive

Meeting Abstract

  • Olaf Martin - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle, Deutschland
  • Tim Bärwalde - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle, Deutschland
  • Astrid Fink - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle, Deutschland
  • Carina Völlm - FH Südwestfalen, Arbeitsbereich Diversität und Frühförderung, Soest, Deutschland
  • Britta Gebhard - FH Südwestfalen, Arbeitsbereich Diversität und Frühförderung, Soest, Deutschland
  • Matthias Richter - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf151

doi: 10.3205/20dkvf151, urn:nbn:de:0183-20dkvf1511

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Martin et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Partizipation ist ein bedeutender Bestandteil für die kindliche Entwicklung. Nicht zuletzt aus diesem Grund stellt Partizipation ein wichtiges Ziel von Rehabilitationsmaßnahmen bei Kindes- und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen dar. Gleichzeitig gibt es weder eine einheitliche Definition des Begriffs der Partizipation noch ein geeignetes Instrument zur Überprüfung der angestrebten Partizipation. Die theoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff der Partizipation orientiert sich im deutschsprachigen Raum vorrangig an der ICF-CY (International Classification of Functioning, Disability and Health – children and youth). Die ICF beschreibt Partizipation als ein „Einbezogen sein in eine Lebenssituation“. Diese wenig trennscharfe Beschreibung berücksichtigt nicht die Perspektive derer, die im Fokus der Debatte liegen, bzw. wenigstens berücksichtigt werden sollte: Die Perspektive der betroffenen, Jugendlichen.

Fragestellung und Zielsetzung: Die Studie hat das Ziel, deren Perspektive zum Begriff der Partizipation zu explorieren, um ein geeignetes Instrument zur Messung der Partizipation bei Kindern und Jugendlichen zu entwickeln.

Methode oder Hypothese: Um die oben beschriebene Forschungslücke zu schließen wurden insgesamt 36 betroffene und nicht betroffene Jugendliche im Alter 12–17 Jahren mittels Leitfadeninterviews befragt. Die Auswertung erfolgte in Anlehnung an die Grounded Theory.

Ergebnisse: Aus Perspektive der Jugendlichen beinhaltet der Begriff der Partizipation, dass die Möglichkeit besteht nach ihren individuellen Vorstellungen Tätigkeiten mit ihrer Peergroup, den Geschwistern oder Eltern nach Belieben nachzugehen. Innerhalb der Tätigkeiten wird dabei sowohl eine aktive als auch eine passive Rolle in der Interaktion eingenommen. Auch Aspekte der Barrierefreiheit als Voraussetzung der Partizipation und eine Gleichbehandlung zu nicht betroffenen Kindern und Jugendlichen werden von den Befragten klar benannt.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass das Phänomen der Partizipation komplexer ist als es in der ICF-CY dargestellt wird. Die individuellen Vorstellungen und Bedürfnisse der betroffenen und nicht betroffen Jugendlichen gehen weit auseinander und zeigen wie facettenreich das Phänomen ist. Hinzu kommt, dass verschiedene Aspekte stark miteinander verknüpft sind. So sind soziale Medien in der digitalisierten Lebenswelt der Jugendlichen u. A. eine notwendige Voraussetzung für Partizipation, stellen aber gleichzeitig auch eine Form der Partizipation selbst dar.

Praktische Implikationen: Die individuelle Perspektive der Jugendlichen muss sowohl bei der Klärung des Begriffs, als auch bei der Entwicklung eines geeigneten Messinstrumentes berücksichtig werden.