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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Befragung der Kostenträger und Anbieter telemedizinischer Zweitmeinungen zu medizinischen Zweitmeinungsverfahren

Meeting Abstract

  • Nadja Könsgen - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Barbara Prediger - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Ana-Mihaela Bora - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Angelina Glatt - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland
  • Victoria Weißflog - Medexo GmbH – Medizinische Experten Online
  • Dawid Pieper - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf139

doi: 10.3205/20dkvf139, urn:nbn:de:0183-20dkvf1397

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Könsgen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Der G-BA hat in der „Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren“ festgelegt, dass bei Indikation zur Hysterektomie, Tonsillektomie/Tonsillotomie und seit November 2019 zur Schulterarthroskopie (sowie künftig für Amputationen bei diabetischem Fußsyndrom) ein Recht auf Einholung einer kostenlosen, unabhängigen Zweitmeinung (ZM) besteht. Viele Kostenträger bieten auch unabhängig davon bereits seit längerem ZM-Programme an. Eine in 2016 durchgeführte Datenerhebung unter Gesetzlichen Krankenkassen analysierte deren Webauftritte und ergab, dass das Angebot sehr heterogen ist.

Fragestellung und Zielsetzung: Das Ziel war die systematische Erfassung und Kategorisierung angebotener ZM-Verfahren in Deutschland. Hierzu wurde eine Befragung gesetzlicher und privater Krankenversicherungen sowie Anbieter telemedizinischer ZM durchgeführt.

Methode oder Hypothese: Im April 2019 wurde allen privaten (n=52) und gesetzlichen (n=109) Krankenversicherungen in Deutschland sowie vorab ausgewählten Anbietern telemedizinischer ZM (n=15) postalisch ein Fragebogen zugesandt gefolgt von einer E-Mailerinnerung im September 2019. Zusätzlich konnten sich die Antwortenden für ein anschließendes Telefoninterview zum Thema ZM bereit erklären.

ZM-Anbieter mit einer ausschließlich persönlichen ZM-Erbringung wurden ausgeschlossen.

Die Ergebnisse der Fragebogenerhebung wurden deskriptiv analysiert, während die Telefoninterviews inhaltsanalytisch analysiert werden.

Ergebnisse: Die Antworten von 31 Kostenträgern konnten ausgewertet werden (Response 19%). Dies entspricht einer Abdeckung von circa 40% der GKV-Versicherten und 33,5% der PKV-Versicherten. Es beteiligten sich 3 ZM-Anbieter an unserer quantitativen Befragung (Response 20%).

Die Anzahl der angebotenen ZM-Programme (N insgesamt 45) pro Kostenträger lag im Median bei 1 (Range 0–3). 21 der 31 Kostenträger boten ZM-Programme zur Orthopädie (68%) und 20 zur Onkologie (65%) an (Mehrfachnennungen möglich). Bei 29 von 45 ZM-Programmen (64%) wurde die Unabhängigkeit der ZM durch ein Weiterbehandlungsverbot sichergestellt. Bei 21 der 45 ZM-Programme (47%) wurde die ZM nach Aktenlage getroffen gegenüber 20 im Rahmen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts (44%). Im Median dauerte die ZM-Erbringung 8,5 Tage (Range 2–28). Die Teilnehmerzahl an den ZM-Programmen lag im Median bei 31 (im letzten verfügbaren Datenjahr, Range 1–2500). Bei 12 der 45 ZM-Programme (27%) wurde die Durchführung von Evaluationen angegeben.

Es wurden 8 Interviews mit Kostenträgern und 3 mit Anbietern telemedizinischer ZM durchgeführt. Deren Auswertung steht noch aus.

Diskussion: Das Angebot der Kostenträger ist fokussiert auf Orthopädie und Onkologie. Die Art der ZM-Erbringung war gleichmäßig verteilt (telemedizinisch vs. persönlich). Nur wenige Programme wurden evaluiert. Limitierend muss angeführt werden, dass die Responserate gering war und dass das Kollektiv der teilnehmenden Kostenträger sehr ungleiche Versichertenzahlen aufwies.

Praktische Implikationen: Evaluationen der angebotenen ZM-Programme sollten durchgeführt und veröffentlicht werden, um die Auswirkungen von ZM-Programmen weiter zu erforschen.