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Einsatz diversitätssensibler Maßnahmen in der stationären Gesundheitsversorgung – Ergebnisse einer postalischen Befragung von Krankenhäusern in Deutschland
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Veröffentlicht: | 25. September 2020 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Diversitätsmerkmale wie Geschlecht, Alter oder Migrationshintergrund gehen vielfach mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Erwartungen an die Versorgung einher [1]. Verschiedene Maßnahmen können helfen, dieser Vielfalt Rechnung zu tragen und eine höhere Nutzerorientierung zu sichern. Bisher ist jedoch unklar, inwiefern solche Maßnahmen in der stationären Versorgung bereits genutzt werden und welche Faktoren ihren Einsatz beeinflussen.
Fragestellung und Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Studie war es zu ermitteln, welche Bedeutung Einrichtungen der stationären Krankenhausversorgung einer diversitätssensiblen Ausrichtung beimessen, welche Maßnahmen und Strukturen vorhanden sind und welche Hindernisse eine Implementierung aus Sicht der Einrichtungen erschweren oder behindern.
Methode oder Hypothese: Mittels eines Papierfragebogens wurden alle vom Statistischen Bundesamt verzeichneten Krankenhäuser in Deutschland (n=1125) [2] postalisch befragt. Es wurde erhoben, welche Angebote in den Einrichtungen die Diversität von Patient*innen und Mitarbeiter*innen berücksichtigen, wie die Einrichtungen Diversitätssensibilität wahrnehmen und welche Faktoren eine Implementation beeinflussen. Die Daten wurden zunächst deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: 114 Einrichtungen nahmen an der Befragung teil. 66,7% der Einrichtungen sehen eine diversitätssensible Ausrichtung als notwendig an. Diversitätssensibilität wird dabei als wichtig für die Zufriedenheit der Patient*innen (80,7%), der Mitarbeiter*innen (72,8%) sowie für den Behandlungserfolg (75,4%) erachtet. In der Praxis spiegelt sich dies nur teilweise wider. Während 54,4% der Einrichtungen Diversität im Leitbild und 57,0% im Qualitätsmanagement verankert haben, verfügen nur je 14,9% über spezielle Arbeitsgruppen oder Diversitätsbeauftragte. Als Hindernisse bei der Umsetzung diversitätssensibler Angebote werden vorrangig fehlende finanzielle Ressourcen (52,6%), fehlende Anreize der Versorgungsträger (48,3%), organisatorische Schwierigkeiten (43,9%) und Unklarheiten hinsichtlich der Umsetzung (35,1%) genannt.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass ein großer Teil der befragten Einrichtungen eine diversitätssensible Ausrichtung als wichtig für die Patientenorientierung wahrnimmt. In der Praxis werden entsprechende Maßnahmen jedoch seltener umgesetzt. Als wesentliche Hindernisse werden dabei vorrangig finanzielle und organisatorische Aspekte angegeben.
Praktische Implikationen: Praktische Hilfestellungen zur Allokation von Ressourcen, Unterstützungsangebote zur Implementation diversitätssensibler Maßnahmen und weitere Untersuchungen zu den ökonomischen Aspekten entsprechender Angebote (z.B. Einsparpotenziale, Synergieeffekte) sind notwendig, um die Diversitätssensibilität und Patientenorientierung von Krankenhäusern zu fördern.