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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Zugang zur prähospitalen Reanimationsversorgung von Frauen und Männern in einem städtischen Versorgungsbereich beurteilt nach Outcome, Reanimationsinzidenz und Misserfolgshäufigkeit

Meeting Abstract

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  • Andreas Günther - Klinik für Anästhesiologie, Klinikum Braunschweig gGmbH, Braunschweig, Deutschland
  • Sybille Schmid - Feuerwehr, Stadt Braunschweig, Braunschweig, Deutschland
  • Hubert Philipp - Referat Stadtentwicklung und Statistik, Stadt Braunschweig, Braunschweig, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf113

doi: 10.3205/20dkvf113, urn:nbn:de:0183-20dkvf1131

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Günther et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Prähospitale Reanimation (CPR) kann Todesfälle durch plötzlichen Herzkreislauf-Stillstand verhindern. Erfolg kann dabei als Krankenhausentlassung mit guter neurologischer Erholung definiert werden. Die Erfolgsquote pro begonnene CPR liegt unter 20%. (1,2) Eine Fehlversorgung mit nicht bedarfsgerechten Leistungen wird als Überversorgung eingeordnet. (3) Folglich könnte CPR ohne Erfolg retrospektiv auch als Überversorgung bewertet werden. Dazu vermittelt die Misserfolgshäufigkeit einen Eindruck vom Risiko für eine erfolglose CPR am Lebensende. Sie ist definiert als Reanimationsversuche ohne gute neurologische Erholung pro Sterbefälle. (4,5) Geschlechtsunterschiede bei der Reanimationsversorgung sind bekannt. (6,7)

Fragestellung: Wie ist der Zugang zu CPR für Frauen und Männer beurteilt nach Erfolgsquote und alterskorrigierter CPR-Inzidenz und Misserfolgshäufigkeit in einem städtischen Versorgungsbereich?

Methode: Retrospektive Auswertung von Melde- und Reanimationsregisterdaten des Jahres 2019. Subgruppen nach Geschlecht und Alter. (8) Geschlechtsspezifische Vergleiche mit CHI2-Test; *bei p<0,01.

Ergebnisse: CPR insgesamt: n=212; Alter MW 72 Jahre, 0-100 min-max, 17 SD; Erfolgsquote 11,3%; CPR-Inzidenz 84/100.000 Einwohner/Jahr; Misserfolgshäufigkeit 68/1.000 Sterbefälle/Jahr. Gesamt männlich: n=129; Alter 68 (0-100, 17); Erfolg 12,4%; Inzidenz 103*; Misserfolg 81*. Gesamt weiblich: n=83; Alter 76 (6-99, 16); Erfolg 9,6%; Inzidenz 66*; Misserfolg 54*.

Erwachsene < 65 Jahre: n=59; Alter 52 (20-64, 10); Erfolg 22,0%; Inzidenz 36; Misserfolg 116. Erwachsene < 65 m: n=46; Alter 52 (20-64, 10); Erfolg 21,7%; Inzidenz 55*; Misserfolg 133. Erwachsene < 65 w: n=13; Alter 51 (24-62, 10); Erfolg 23,1%; Inzidenz 17*; Misserfolg 79.

Junge Alte (65 < 85 Jahre): n=111; Alter 76 (65-84, 5); Erfolg 9,0%; Inzidenz 247; Misserfolg 73. Junge Alte m: n=66; Alter 75 (65-84, 6); Erfolg 7,6%; Inzidenz 332*; Misserfolg 80. Junge Alte w: n=45; Alter 77 (66-84, 5); Erfolg 11,1%; Inzidenz 179*; Misserfolg 65.

Hochbetagte (ab 85 Jahren): n=40; Alter 91 (85-100, 4); Erfolg 0%; Inzidenz 531; Misserfolg 40. Hochbetagte m: n=16; Alter 91 (86-100, 4); Erfolg 0%; Inzidenz 669; Misserfolg 45. Hochbetagte w: n=24; Alter 91 (85-99, 4); Erfolg 0%; Inzidenz 467; Misserfolg 37.

Diskussion: Die mit zunehmenden Alter ansteigende CPR-Inzidenz, sinkende Erfolgsrate und abnehmende Misserfolgshäufigkeit zeigen an, dass ältere Menschen seltener von CPR profitieren und seltener erfolglos reanimiert werden. Der Zugang zu CPR scheint grundsätzlich altersabhängig angemessen zu sein. (2) Eine niedrigere CPR-Inzidenz bei Frauen ist bekannt. (9) Anders als aus anderen Ländern berichtet unterschied sich die Erfolgsrate bei Frauen und Männern nicht. (1,9,10,11) Die Misserfolgshäufigkeit war bei Frauen niedriger. Übertragbarkeit der Ergebnisse, Ursachen und Implikationen werden diskutiert.

Praktische Implikationen: Der Blick auf die Misserfolgshäufigkeit zusätzlich zur CPR-Inzidenz relativiert die häufig postulierte Überversorgung mit CPR im hohen Alter. Der Zugang zu prähospitaler CPR am Lebensende könnte altersabhängig für Männer und Frauen grundsätzlich angemessen sein.