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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

10-Jahres-Evaluation der populationsbezogenen Integrierten Versorgung Gesundes Kinzigtal – INTEGRAL

Meeting Abstract

  • Ingrid Schubert - PMV forschungsgruppe, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Erika Graf - Institute of Medical Biometry and Statistics Faculty of Medicine and Medical Center, University of Freiburg, Freiburg, Deutschland
  • Achim Siegel - Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Ingrid Koester - PMV forschungsgruppe, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Dominikus Stelzer - Institute of Medical Biometry and Statistics Faculty of Medicine and Medical Center, University of Freiburg, Freiburg, Deutschland
  • Claudia Mehl - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Peter Ihle - PMV forschungsgruppe, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
  • Christian Günster - Wissenschaftliches Insitut der AOK (WIdO), Berlin
  • Patrik Dröge - Wissenschaftliches Insitut der AOK (WIdO), Berlin
  • Andreas Kloess - Wissenschaftliches Insitut der AOK (WIdO), Berlin
  • Erik Farin-Glattacker - Institut für Medizinische Biometrie und Statistik Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • Max Geraedts - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf105

doi: 10.3205/20dkvf105, urn:nbn:de:0183-20dkvf1051

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Schubert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der bevölkerungsbezogene und morbiditätsübergreifende Ansatz der Integrierten Versorgung „Gesundes Kinzigtal„ (IVGK) intendiert, die individuelle Versorgungsqualität und Patientenzufriedenheit zu verbessern sowie die Gesundheit der gesamten Kinzigtal-Bevölkerung und die Arbeitszufriedenheit des Gesundheitspersonals zu steigern. Gleichzeitig sollen die Pro-Kopf-Kosten der Gesundheitsversorgung gesenkt werden. Zentrales Element ist hierbei ein shared-savings-contract zwischen IVGK und den gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Zu prüfen ist, ob trotz der Anreize für Einsparungen, die über die Jahre hinweg tatsächlich realisiert werden konnten, die Versorgungsqualität im Kinzigtal auf lange Sicht gehalten werden konnte.

Zielsetzung: Beurteilung der Qualität der Versorgung in der Region Kinzigtal unter Routinebedingungen im Vergleich zur konventionellen Versorgung über einen Zeitraum von 10 Jahren.

Methode: Grundlage der Qualitätsbeurteilung ist ein Set von 101 aus GKV-Daten berechenbaren Indikatoren, das für das Projekt zusammengestellt wurde. Berücksichtigt werden Erkrankungen, die durch spezifische Versorgungsprogramme der IVGK adressiert werden, sowie vor allem chronische Erkrankungen, die nicht speziell im Fokus stehen. Die Analysen fußen auf Daten von AOK-Versicherten für 2006–2015. Im Rahmen einer quasi-experimentellen Studie werden die zeitlichen Trends pro Indikator (standardisierte Prävalenzänderungen im 5-Jahres-Zeitraum mit Konfidenzintervall) im Kinzigtal als Interventionsregion mit den Trends in 13 weiteren Regionen mit ähnlicher Bevölkerungs- und Versorgungsstruktur als Primärkontrollen und einer zusätzlichen Stichprobe von Versicherten aus Baden-Württemberg als Sekundärkontrollen verglichen. Vor der Analyse wurden Kriterien für die Kontrolle von Störfaktoren und für die Relevanz von Veränderungen festgelegt.

Ergebnisse: Bei 88 von 101 geprüften Indikatoren konnte kein relevanter Unterschied zwischen dem Trend von IVGK und dem mittleren Trend der Kontrollregionen gezeigt werden. Bei 6 Indikatoren (3 IVGK-spezifisch) wurde ein signifikanter und relevanter Unterschied zugunsten der IVGK beobachtet, 7 Indikatoren (4 IGVK-spezifisch) zeigten einen im Vergleich zu den Kontrollen negativ abweichenden Trend. Die indikatorübergreifende Zusammenfassung der Ergebnisse zeigte für IVGK keinen statistisch signifikanten Unterschied zu den Kontrollregionen.

Diskussion: Unseres Wissens wurde die integrierte Versorgung in Deutschland erstmals an mehreren strukturell vergleichbaren Kontrollregionen mit einem umfassenden Indikatorenset und einer statistischen Methode zur Zusammenfassung der Ergebnisse der einzelnen Indikatoren gemessen. In den 10 Jahren scheint der shared-savings-contract die Versorgungsqualität nicht negativ beeinflusst zu haben.

Praktische Implikationen: Einsparungen im Rahmen integrierter Versorgungsmodelle können ohne negative Konsequenzen für die Bevölkerung bleiben. Das entwickelte Indikatorenset zur Beurteilung der Gesundheitsversorgung sowie der Ansatz zur Definition von Kontrollregionen können in anderen Settings verwendet werden.

Förderung: Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Innovationsfonds: 01VSF16002.