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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Implementierung von psychotherapeutischen Videokonsultationen bei Hausarztpatienten mit depressiven und Angststörungen – Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten PROVIDE-B Machbarkeitsstudie

Meeting Abstract

  • Markus Haun - Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Universität Heidelberg, Deutschland
  • Justus Tönnies - Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Universität Heidelberg, Deutschland
  • Mariell Hoffmann - Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Universität Heidelberg, Deutschland
  • Isabella Stephan - Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Universität Heidelberg, Deutschland
  • Michel Wensing - Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universität Heidelberg
  • Joachim Szecsenyi - Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universität Heidelberg
  • Regina Brinster - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik (IMBI), Universität Heidelberg
  • Andrea Icks - Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Heinrich Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland
  • Mechthild Hartmann - Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Universität Heidelberg, Deutschland
  • Hans-Christoph Friederich - Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Universität Heidelberg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf082

doi: 10.3205/20dkvf082, urn:nbn:de:0183-20dkvf0825

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Haun et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Psychische Störungen sind in der Hausarztpraxis sehr häufig. Sie werden jedoch häufig übersehen bzw. treten, sofern sie erkannt werden, Vermittlungsschwierigkeiten beim Übergang in spezialisierte psychosomatisch-psychotherapeutische Versorgung auf. Integrierte Versorgungsmodelle, die Psychotherapeuten und Hausärzte zusammenbringen können zur Überwindung solcher Probleme beitragen. Die im BMBF-Nachwuchsgruppe PROVIDE (www.provide-project.de) hat zum Ziel, die psychosoziale Versorgung von Patienten mit depressiven und/oder Angststörungen in der Hausarztpraxis zu verbessern. In PROVIDE werden von Psychotherapeuten durchgeführte Videokonsultationen bei in der Hausarztpraxis vorstelligen Patienten mit depressiven und Angststörungen eingesetzt. Diese Konsultationen beinhalten v. a. Diagnostik und Behandlungsplanung sowie Krisenintervention und ggf. Triage.

Fragestellung und Zielsetzung: Es soll ein integriertes psychosoziales Versorgungsmodell in der Hausarztpraxis auf Machbarkeit unter Studienbedingungen geprüft werden, bei dem ein Teil der Patienten mit depressiven und Angststörungen zeitlich begrenzt Videokonsultationen mit Psychotherapeuten erhält.

Methode: Wir führten eine randomisiert-kontrollierte Machbarkeitsstudie (PROVIDE-B) zur Vorbereitung einer größeren pragmatischen Effectiveness-Studie mit Symptomlast als primärem Endpunkt (Depressivität/Ängstlichkeit) durch. Da in der Pilotstudie die Prüfung der Machbarkeit im Vordergrund stand, handelte es sich um eine deskriptive Studie ohne Hypothesentestung. Hauptziel war die Machbarkeit und Akzeptanz unter Studienbedingungen sowie der Erfassung etwaiger negativer Effekte. Zur Prozessevaluation wurden sowohl Fragebogeninstrumente als auch qualitative Interviews eingesetzt.

Ergebnisse: Von eingeschlossenen 50 Patienten erhielten 23 Videokonsultationen mit Psychotherapeuten, während 27 in der Kontrollgruppe waren. Für Depressivität (PHQ-9) betrug die Veränderung im Mittel in der Interventionsgruppe 2,0 (SD=6,0) und in der Kontrollgruppe 2,5 (4,3). Die Effektstärke betrug Cohen’s d=-0,19 [95% KI:-0,793; 0,411]. Für Angststörungen (GAD-7) betrug die Veränderung im Mittel in der Interventionsgruppe 2,3 (SD=5,8) und in der Kontrollgruppe 1,6 (4,6). Die Effektstärke betrug d=-0,14 [-0,739; 0,462]. Für körperliche Beschwerden (SSD-12) betrug die Veränderung im Mittel in der Interventionsgruppe 2,8 (SD=7,1) und in der Kontrollgruppe 6,3 (9,7). Die Effektstärke betrug d=-0,24 [-0,844; 0,361]. Es wurden keine unerwünschten Ereignisse durch die Intervention festgestellt.

Diskussion: Die Machbarkeitsstudie zeigte die Praktikabilität des Modells. Es wurde von Patienten und Behandlern gut akzeptiert und führte zu keinen unerwünschten Ereignissen. Die Ergebnisse für die klinischen Endpunkte sind, bei geringer Fallzahl, anhand dieser Daten nicht interpretierbar.

Implikationen: In der laufenden dritten Phase von PROVIDE führen wir eine regionale randomisiert-kontrollierte pragmatische Effectiveness-Studie (PROVIDE-C; NCT04316572) mit Symptomlast als primärem Endpunkt (Depressivität/Ängstlichkeit) durch. Mit ersten Ergebnissen ist Ende 2021 zu rechnen.