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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Die COVID-19-Krise und ihr Einfluss auf den ambulanten Sektor in Deutschland – die Sicht der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte

Meeting Abstract

  • Nadine Scholten - IMVR, Köln, Deutschland
  • Sophie Gunkel - IMVR, Köln, Deutschland
  • Jan Hoffmann - IMVR, Köln, Deutschland
  • Laura Mause - IMVR, Köln, Deutschland
  • Tim Ohnhäuser - IMVR, Köln, Deutschland
  • Arno Stöcker - IMVR, Köln, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf051

doi: 10.3205/20dkvf051, urn:nbn:de:0183-20dkvf0512

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Scholten et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Der ambulante Sektor und die Rolle von niedergelassenen Ärzten zur Bewältigung von infektiologischen Epidemien und Pandemien sind bisher wenig erforscht (Eisele et al. [1]), obwohl sie eine zentrale Rolle in der Versorgung und Bewältigung spielen. Im Fokus steht vielmals der stationäre Sektor, dabei wird der Großteil der medizinischen Basisversorgung im ambulanten Sektor erbracht. In Deutschland stellen die Facharztpraxen hierbei den „ersten Schutzwall“ des Gesundheitswesens in der Konfrontation mit dem Virus dar. Auch die quantitative Hauptlast der Versorgung von COVID-19-Patienten entfällt auf diesen Versorgungsbereich, insbesondere auf die hausärztliche Versorgung. Neben den Herausforderungen hinsichtlich Schutzmaßnahmen, Testung und Versorgung der an COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten, hat die Corona-Krise massive Auswirkungen auf das Berufs- und Privatleben und die allgemeine medizinische Versorgung im ambulanten Bereich.

Fragestellung und Zielsetzung: Folgende Fragen sollen aus der Perspektive unterschiedlicher medizinischer Fachdisziplinen beantwortet werden:

1.
Welche organisationalen Herausforderungen in der Anpassung an die Krisensituation werden erlebt?
2.
Welche Auswirkungen auf die Patientenversorgung hat die Krise? Wie wird der Zustand von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen bzw. Auswirkungen auf den Versorgungsauftrag wahrgenommen? Wie wird die Überwachung des Zustandes umgesetzt?
3.
Welche interpersonellen Herausforderungen für Ärzte erzeugt die Krise?

Methode oder Hypothese: Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden drei anonyme quantitative Onlinebefragungen mit qualitativen Bestandteilen (weitreichender Einsatz von Freitextfeldern) durchgeführt. In Deutschland gibt es derzeit etwa 160.000 niedergelassene Ärzte. Mit Unterstützung der KBV wurde eine repräsentative Stichprobe gezogen und 18.000 Ärztinnen und Ärzte per Fax eingeladen, an der ersten Befragung teilzunehmen. Basierend auf aktuellen Pressemeldungen wie auch auf Vorabinterviews mit niedergelassenen Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen wurde ein facharztspezifisch angepasster Fragebogen im Onlinebefragungstool LimeSurvey umgesetzt. Im Sinne einer Trendanalyse werden in den 18 Monaten des Studienzeitraums drei Befragungswellen durchgeführt. Die erste Befragung ist 2 Monate nach Studienbeginn geplant, die zweite nach 5 Monaten und die abschließende Befragungswelle 13 Monate nach Studienbeginn. Ziel ist eine repräsentative, anonyme Befragung der folgenden vorab bestimmten Facharztgruppen mit folgenden anvisierten Rückläufern (Hausärztinnen und Hausärzte n=650, Kardio- und Gastroenterologie n= 150, Pädiatrie n=200, HNO n=200, Gynäkologie n=200 sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte n=400).

Ergebnisse: Aktuell läuft die erste Befragungswelle. Somit können im Oktober Fragebogen und erste qualitative wie quantitative Ergebnisse der T0 Befragung vorgestellt werden.

Diskussion: Der ambulante Sektor steht vor vielfältigen Herausforderungen im Zuge der Corona-Pandemie. Im ambulanten Bereich liegt die Hauptlast der medizinischen Versorgung der Bevölkerung, die mittel- und unmittelbar von den Folgen der Corona-Krise, inklusive Lockdown und Unsicherheitsgefühlen, betroffen war und immer noch ist. Es ist daher wichtig zu ergründen, wie Pandemiebekämpfungsmaßnahmen und andere politische Entscheidungen den Praxisalltag im Pandemieverlauf beeinflussen. Neben den direkt Pandemiefolgen ist die Frage nach indirekten Folgen für nicht Covid-19-erkrankte-Patienten ein bisher noch wenig erforschtes Feld. Wie wird beispielsweise der Behandlungserfolg von (chronisch) Kranken in Disease Management Programmen, wie Vorsorge- und Prophylaxebehandlungen und wie akute Schmerztherapie in einer Pandemie aufrechterhalten und sichergestellt wird?

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse sollen dazu dienen, die jetzt bereits abzusehenden Handlungsspielräume und Bedürfnisse aus Sicht der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte frühzeitig zu erkennen. Die Erfahrungen aus der ersten Infektionswelle können dazu dienen, weitere Corona bedingte Maßnahmen anzupassen und allgemeine Rückschlüsse für zukünftige Pandemiebekämpfungsmaßnahmen zu gewinnen.


Literatur

1.
Eisele M, Hansen H, Wagner HO, von Leitner E, Pohontsch N, Scherer M. Epidemien und Pandemien in der hausärztlichen Praxis. Was können wir aus dem Schweinegrippe (H1N1)- und EHEC-Ausbruch lernen [Epidemics and pandemics in general practice. What can we learn from the swine flu (H1N1) and EHEC outbreak?]. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2014 Jun;57(6):687-93. DOI: 10.1007/s00103-014-1970-z Externer Link