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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Optionen und Hürden einer Versorgungsforschung in der ambulanten Psychotherapie. Erfahrungsbericht aus großen Versorgungseinrichtungen

Meeting Abstract

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  • Ulrike Lupke - MoVA Institut für Moderne Verhaltenstherapie in Hamburg, Hamburg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf033

doi: 10.3205/20dkvf033, urn:nbn:de:0183-20dkvf0331

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Lupke.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Große psychotherapeutische Zentren bieten grundsätzlich gute Voraussetzungen zur Durchführung von Versorgungsstudien: das Patientenaufkommen ist groß, viele Patienten werden über lange Zeiträume begleitet, die Indikationsbandbreite ist groß, das Angebot unterschiedlicher Therapien breit. Trotzdem werden Studien nur in vergleichsweise geringem Umfang von ambulanten Versorgern durchgeführt.

Fragestellung und Zielsetzung: Mögliche Gründe dafür werden aus eigener Erfahrung als Leiterin großer ambulanter Versorger im Bereich der Psychotherapie mit Interesse an Projekten der Versorgungsforschung herausgearbeitet.

Ergebnisse: In der ambulanten Versorgung fehlen für eigene Studien Finanzierungs- und Personalkapazitäten, das Finanzierungsmodell vergütet ausschließlich unmittelbare Versorgungsleistung. Die Personalkapazität wie -zusammensetzung in ambulanten Zentren ist von diesen Vorgaben geprägt.

Weitere Hürden für eigenständige Projekte der Versorgungsforschung in ambulanten Einrichtungen sind, dass sowohl die Fragebogenressourcen (konkret Rechte an Erhebungsinstrumenten), als auch die Auswertungs- und Betreuungslogistik zur Umsetzung der methodisch anspruchsvollen Studiendesigns eher in universitärer Hand liegen.

Realisierte Studien sind primär universitär ausgerichtet oder angesiedelt, ambulante Versorger werden eher als Partner zur Datengenerierung denn zur Ableitung der Fragestellung herangezogen. Eine enge und gute Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen in der Versorgungsforschung ist durchaus möglich; im Fokus stehen hierbei jedoch eher universitär erarbeitete Fragestellungen, die aus Gründen der „Praxisferne“ häufig nicht von unmittelbarem Nutzen für die Praktiker sind.

Diskussion und praktische Implikationen: Eine Versorgungsforschung durch die ambulanten Leistungserbringer in großen psychotherapeutischen Zentren kann indikationsbezogene, prozessuale oder versorgungsorganisationsbezogene Fragestellungen der Breitenversorgung, auch unter dem Gesichtspunkt von Wirtschaftlichkeit, untersuchen. Mögliche Fragestellungen mit handlungsleitenden Ergebnissen für eine optimierte Patientensteuerung und Ressourcenzuweisung könnten aufgezeigt und diskutiert werden. Die u.a. durch die Finanzierungssystematik bedingten Hürden verhindern jedoch, dass eine solche Forschung von den Praktikern in großen Versorgungseinheiten erbracht werden. Die anwendungsorientierte Ausrichtung im Rahmen des Innovationsfonds hat daran kaum etwas geändert.

Ein Ansatz zur Entwicklung von Versorgungsforschung aus der ambulanten Versorgung braucht neben einer finanziellen Ausstattung die Etablierung einer eigenen Forschungseinheit bzw. die Anbindung an Forschungseinrichtungen als gleichwertige Partner. Die Entwicklung einer Kultur der Versorgungsforschung in ambulanten Zentren muss gezielt entwickelt werden und wird Zeit brauchen.