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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Spezialisierte ambulante Palliativversorgung: Die Begleitung Sterbender zuhause als koordinierte, sektorübergreifende und eigenständige Regelversorgung

Meeting Abstract

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  • Andreas Rühle - ägnw eG Ärztegenossenschaft Niedersachsen, Oldenburg, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf031

doi: 10.3205/20dkvf031, urn:nbn:de:0183-20dkvf0312

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Rühle.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das Bedürfnis der Menschen, in vertrauter Umgebung, d.h. in der eigenen Häuslichkeit, sterben zu können und nicht im Krankenhaus, ist ungebrochen. Zwei Drittel aller Menschen wünschen sich dies. Im Jahr 2013 konnte dies nach einer Erhebung der Bertelsmann Stiftung aber nur 20% der Sterbenden ermöglicht werden. Die meisten Menschen sterben nach wie vor im Krankenhaus (46%), obwohl nur 6% dies als gewünschten Sterbeort angeben [1]. Genau hier setzt die SAPV an.

Zielsetzung: Der Gesetzgeber hat im § 37b SGB V die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) geregelt. Dort heißt es: „Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, haben Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu verordnen. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen einschließlich ihrer Koordination insbesondere zur Schmerztherapie und Symptomkontrolle und zielt darauf ab, die Betreuung der Versicherten nach Satz 1 in der vertrauten Umgebung des häuslichen oder familiären Bereichs zu ermöglichen.“

Aus der Umsetzung des o.g. Rechtsanspruches resultiert, dass die SAPV eine Versorgung darstellt, die unabhängig von der sogenannten Regelversorgung agiert. In der Regel besteht ein direktes Vertragsverhältnis zwischen einem Anbieter der SAPV und den Krankenkassen. Die vertragsinnehabende Gesellschaft kann die einzelnen ärztlichen oder pflegerischen Leistungen entweder durch angestellte Ärzte und Pflegekräfte erbringen oder über die Kooperationen mit diesen. Eigenleistung der Gesellschaft ist in jedem Fall die Koordination der Versorgung und die Abrechnung.

Hypothese: Über eine Koordination der Versorgung auf Grundlage eines eingehenden Eingangsassessments und der bedarfsindividuellen Koordination und Anleitung der Versorgung gelingt es, dass mehr Menschen zuhause versterben dürfen als in der Regelversorgung. Sofern ein auf die SAPV spezialisiertes Team zum Einsatz kommt, wird die Anzahl und Häufigkeit der Krankenhauseinweisungen reduziert und das familiäre Umfeld ist in der Lage, die Sterbenden zuhause in der vertrauten Umgebung zu betreuen. Dies ist in der Regelversorgung, die eine unabhängige und sektorübergreifende Koordination von Versorgung nicht kennt, in der Form nicht möglich.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der organisierten SAPV zeigen in betrachteten Landkreisen folgendes Bild (Zeitraum 1.1.2015–31.12.2019): 41,4% der versorgten Patienten konnten zuhause sterben, 33,7% im Hospiz als letztem gewählten Aufenthaltsort, im Pflegeheim als ständigem Wohnsitz 12,4%. Nur 11,8% der in der SAPV versorgten Patienten starben im Krankenhaus.

Fasst man „zuhause“ und „Pflegeheim“ als ständigen Wohnort zusammen, ermöglichte eine SAPV, die 24 Stunden, 7 Tage die Woche bereitsteht, über 50% der Sterbenden mit einer unheilbaren Krankheit den Verbleib im vertrauten Umfeld. Versorgt wurden in dem Zeitraum 3.577 Patienten.


Literatur

1.
Spotlight Gesundheit. 2015;(10). Available from: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/SPOTGes_VV_Palliativversorgung_2015.pdf Externer Link