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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Die Bewertung des deutschen Gesundheitssystems aus Sicht von Privatversicherten mit eingeschränkter Health Literacy (Projekt IPHA)

Meeting Abstract

  • Katharina Achstetter - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen & Gesundheitsökonomisches Zentrum Berlin, Technische Universität Berlin, Berlin, Deutschland
  • Julia Köppen - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen & Gesundheitsökonomisches Zentrum Berlin, Technische Universität Berlin, Berlin, Deutschland
  • Miriam Blümel - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen & Gesundheitsökonomisches Zentrum Berlin, Technische Universität Berlin, Berlin, Deutschland
  • Reinhard Busse - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen & Gesundheitsökonomisches Zentrum Berlin, Technische Universität Berlin, Berlin, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf024

doi: 10.3205/20dkvf024, urn:nbn:de:0183-20dkvf0243

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Achstetter et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Health Literacy (HL) bezeichnet die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden mit dem Ziel, auf Grundlage dieser Informationen alltägliche Entscheidungen zu treffen, die sich auf die eigene Gesundheit auswirken. Bisherige Studien zeigten bei etwa der Hälfte der deutschen Bevölkerung eine (selbstberichtete) eingeschränkte HL. Das Projekt „Integrating the Population Perspective in Health System Performance Assessment“ (IPHA) untersucht die Bewertung der Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems aus Bevölkerungsperspektive und analysiert Zusammenhänge mit Health Literacy.

Fragestellung: Inwiefern unterscheidet sich die subjektive Bewertung des deutschen Gesundheitssystems von Personen mit privater Krankenversicherung (PKV) mit und ohne eingeschränkter Health Literacy?

Methode: Im Jahr 2018 wurde eine quantitative Befragung von 20.000 PKV-Versicherten mittels Papier-/Online-Fragebogen durchgeführt. Die Items der Befragung basierten auf den intermediären und finalen Zielen des WHO Health Systems Framework und umfassten beispielsweise die grundsätzliche Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem, den Zugang zu gesundheitlicher Versorgung (z.B. abends, an Feiertagen und Wochenenden), Responsiveness (z.B. wahrgenommene Benachteiligung) und die Sicherheit in der Versorgung (z.B. Behandlungsfehler). Health Literacy wurde mit dem HLS-EU-Q16-Fragebogen erfasst. Zur Analyse der Gruppenunterschiede wurden deskriptive Statistiken sowie der Chi-Quadrat-Test verwendet.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 3.601 Personen (18,0%) an der Befragung teil. Nach Ausschluss der Datensätze mit unvollständig beantworteten (< 80%) HL-Fragen, lagen 3.063 Befragungsdatensätze (15,3%) vor (57,9 Jahre ± 14,3; 64,5% männlich). Eine eingeschränkte HL wurde von 44,6% der Befragten berichtet (8,5% unzureichend; 36,1% problematisch), während 55,4% der Befragten keine eingeschränkte HL aufwiesen (43,4% ausreichend; 12,0% ausgezeichnet).

Bei der Bewertung des deutschen Gesundheitssystems aus Sicht der Personen mit PKV zeigten sich folgende Unterschiede zwischen Personen mit und ohne eingeschränkter HL (alle Ergebnisse sind signifikant mit p < 0,01): Sehr zufrieden mit dem deutschen Gesundheitssystem waren 6,5% der Personen mit eingeschränkter HL (vs. 14,3% der Personen ohne eingeschränkte HL). Benachteiligung nahmen 11,0% der Personen mit eingeschränkter HL wahr (vs. 5,1%). Die Inanspruchnahme medizinischer Versorgung abends, an Wochenenden und Feiertagen wurde von 34,6% der Personen mit begrenzter HL als „sehr schwierig„ eingestuft (vs. 23,6%). Behandlungsfehler wurden von 18,7% mit eingeschränkter HL vermutet (vs. 11,5%).

Diskussion: Personen mit eingeschränkter HL waren im Vergleich zu Personen ohne eingeschränkte HL weniger zufrieden mit dem deutschen Gesundheitssystem und berichteten häufiger von Zugangsschwierigkeiten, Behandlungsfehlern und Benachteiligung in der Gesundheitsversorgung.

Praktische Implikationen: Es besteht weiterhin Bedarf, die HL der Bevölkerung in Deutschland zu stärken. Dies könnte dazu beitragen, den Zugang zum Gesundheitssystem zu erleichtern und die Zufriedenheit zu verbessern.