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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Walk-in Patienten in der Notaufnahme – Multizentrische Studie zu Charakteristika und Konsultationsmotiven bei Atemwegsbeschwerden

Meeting Abstract

  • Sarah Oslislo - Institut für Allgemeinmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, und Berlin Institute of Health, Berlin, Deutschland
  • Christoph Heintze - Institut für Allgemeinmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, und Berlin Institute of Health, Berlin, Deutschland
  • Martin Möckel - Arbeitsbereich Notfallmedizin/Rettungsstellen, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, und Berlin Institute of Health
  • Liane Schenk - Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, und Berlin Institute of Health
  • Felix Holzinger - Institut für Allgemeinmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, und Berlin Institute of Health, Berlin, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf015

doi: 10.3205/20dkvf015, urn:nbn:de:0183-20dkvf0151

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Oslislo et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die Gesamtzahl der Notaufnahmekonsultationen steigt weltweit, und auch in Deutschland nehmen insbesondere nicht-dringliche Behandlungsfälle seit Jahren zu. Sogenannte „walk-in“-Patienten, die ohne ärztliche Überweisung die Notaufnahme aufsuchen („self-referral“), stehen hier im Fokus der Diskussion. Im Rahmen der Studie wurden Charakteristika und Konsultationsmotive solcher Patienten exemplarisch an einer Population mit respiratorischer Symptomatik untersucht.

Fragestellung und Zielsetzung: Ziel war die Erhebung von demografischen und medizinischen Charakteristika sowie Konsultationsmotiven von Patienten mit Atemwegsbeschwerden, die selbständig und ohne ärztliche Überweisung die Notaufnahme aufsuchen („self-referred walk-in“=SRW).

Methode oder Hypothese: Die multizentrische Studie ist Teil eines Versorgungsforschungsnetzwerkes, welches acht Notaufnahmen eines Stadtbezirkes umfasst. Das Hauptmodul der „Mixed Methods“-Studie beinhaltet einen quantitativen Survey bei Notaufnahmepatienten mit respiratorischer Symptomatik, ergänzt um Sekundärdaten aus Krankenhausakten. Neben einem deskriptiven Vergleich der Charakteristika von SRW und nicht-SRW-Patienten wurden Determinanten einer SRW-Inanspruchnahme mittels binärer logistischer Regression analysiert.

Ergebnisse: Zwischen Juni 2017 und November 2018 wurden n=472 Teilnehmer in die Studie eingeschlossen. Das Medianalter betrug 55 Jahre (Bereich 18-96), 53,2% der Patienten waren männlich und n=185 Fälle ließen sich der Gruppe der SRW-Patienten zuordnen. Diese wiesen geringere Anteile potenziell schwerer und chronischer Lungenerkrankungen auf. Mittels logistischer Regression wurden folgende Determinanten der SRW-Konsultationen identifiziert: jüngeres Alter, höhere Bildung, Migrationshintergrund (1. Generation), fehlender regelmäßiger Primärversorger sowie Abwesenheit einer chronischen Lungenerkrankung. Die empfundene situative Notlage sowie Zugangsprobleme in der ambulanten Versorgung wurden in der SRW-Gruppe am häufigsten als Konsultationsmotive genannt.

Diskussion: Um die Überlastung der Notaufnahme durch patientengesteuerte Inanspruchnahme zu verringern, scheinen die Selbsteinschätzung der Symptome sowie eine besser zugängliche alternative Versorgung wichtige Ansatzpunkte für Interventionen. Bestimmte Patientengruppen mit höherer Tendenz zu solchen Konsultationen sollten dabei besonders fokussiert werden.

Praktische Implikationen: Auf Grundlage der Ergebnisse ergibt sich die Möglichkeit der Entwicklung von Interventionen, die auf eine Reduzierung von nicht-dringlichen Notaufnahmekonsultationen abzielen.