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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Die Analyse der morphologischen Ähnlichkeit von Medikamentenverpackungen

Meeting Abstract

  • Laura Tetzlaff - Technische Hochschule Brandenburg, Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg an der Havel, Deutschland
  • Arthur Ageev - Technische Hochschule Brandenburg, Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg an der Havel, Deutschland
  • Martin Köppler - Technische Hochschule Brandenburg, Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg an der Havel, Deutschland
  • Eberhard Beck - Technische Hochschule Brandenburg, Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg an der Havel, Deutschland
  • Thomas Schrader - Technische Hochschule Brandenburg, Fachbereich Informatik und Medien, Brandenburg an der Havel, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf001

doi: 10.3205/20dkvf001, urn:nbn:de:0183-20dkvf0012

Veröffentlicht: 25. September 2020

© 2020 Tetzlaff et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Medikamentenverwechslungen auf Grund des ähnlichen Namens und Aussehens (sound-alike und look-alike) spielen eine große Rolle in der klinischen und ambulanten Versorgung [1], [2]. Das Problem des ähnlichen Aussehens lässt sich auf zwei unterschiedliche Phänomene zurückführen: die Ähnlichkeit der Namen der Medikamente (orthographisch) und die Ähnlichkeit des Aussehens der Verpackungen von Medikamenten (morphologisch). Das sound-alike Problem bezieht sich auf die phonetische Ähnlichkeit. In der Praxis können alle drei Formen zusammenfallen.

Fragestellung: Im Rahmen dieser Studie wurde die Ähnlichkeit der Verpackungen von Medikamenten untersucht. Ziel war es folgende zwei Fragen zu beantworten: Wie häufig kommen morphologisch ähnliche Verpackungen vor? Wie lässt sich die Ähnlichkeit erklären?

Methode: In diese Studie konnten 1158 Fotos von verschiedenen Medikamenten eingeschlossen werden. Von diesen Fotos wurden alle möglichen 671.061 Paarungen erzeugt. Die Analyse erfolgte in zwei Schritten:

1.
4994 zufällig ausgewählte Medikamentenpaarungen wurden acht Personen gezeigt und sie sollten entscheiden, welche Paarungen sie als ähnlich empfinden. Davon hatten drei Personen eine medizinische Ausbildung.
2.
Die nach Ähnlichkeit klassifizierten Bilder wurden für die Berechnung eines Klassifikationsmodells basierend auf KI-Methoden des supervised learnings unter Einschluss von vergleichenden Bildeigenschaften verwendet.

Ergebnisse: Unter den händisch verglichenen Bildpaarungen gab es 8, die von allen Personen und 20 Bildpaare die von 4 und weniger Personen als ähnlich benannt. Dabei wurden unterschiedliche Sichtweisen der medizinisch gebildeten Personen und den Personen ohne medizinische Vorbildung deutlich. Die Anwendung des KI-basierten Modells führte zur automatischen Erkennung von weiteren Medikamentenverpackungen mit hoher Ähnlichkeit.

Diskussion: Die Ähnlichkeit von Medikamentenverpackungen wird von Personen deutlich unterschiedlich empfunden. Die Anwendung von einfachen mathematischen Verfahren zur Bildähnlichkeitsanalyse wird dieser unterschiedlichen Wahrnehmung nicht gerecht. Methoden des Maschinenlernens sind besser geeignet, da sie verschiedene Bildeigenschaften in ihre Modelle einschließen.

Praktische Implikationen: Für die Versorgungspraxis spielt die Ähnlichkeit von Medikamentenverpackungen eine große Rolle. Erstmals wurde die morphologische Ähnlichkeit von Medikamentenverpackungen systematisch untersucht. Die Beispiele machen deutlich, dass nicht nur Verpackungen mit gleichen Medikamenten von gleichen Herstellern betroffen sind, sondern auch unterschiedliche Medikamente von verschiedenen Herstellern.


Literatur

1.
Said A, Ganso M, Parrau N, Schulz M, Kayser C. Medikationsfehler in der Praxis. Die Bedeutung von Look- und Soundalikes als Mitursache von Medikationsfehlern. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit. 2019 Jun;(2).
2.
Schrader T, Tetzlaff L, Beck E, Mindt S, Geiss F, Hauser K, Franken C. Die Ähnlichkeit von Medikamentennamen als mögliche Ursache von Verwechslungen – eine Untersuchung von Daten aus der ambulanten Versorgung [The similarity of drug names as a possible cause of confusion: Analysis of data from outpatient care]. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2020 Apr;150-152:29-37. DOI: 10.1016/j.zefq.2020.01.006 Externer Link