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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Berufliche Perspektiven junger Mediziner: MediBAS, ein neu etabliertes Befragungspanel bayerischer Absolventinnen und Absolventen der Humanmedizin

Meeting Abstract

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  • Maike Reimer - Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF), Absolventenstudien, München, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf500

doi: 10.3205/19dkvf500, urn:nbn:de:0183-19dkvf5000

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Reimer.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Sicherung und Verbesserung der ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen beschäftigt Fachvertreter und gesundheitspolitische Akteure des Bundes und der Länder schon seit langem, zuletzt im „Masterplan Medizinstudium 2020“. Für Bayern hat das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) daher schon 2004 mit begleitenden Forschungsarbeiten begonnen und mit der Landesärztekammer eine Befragung von ÄrztInnen vier bis fünf Jahre nach der Approbation durchgeführt (z.B. [1], [2]). Seit 2014 wird in Zusammenarbeit mit dem „Kompetenznetzwerk Medizinlehre Bayern“, in dem alle medizinischen Fakultäten des Freistaates zusammengeschlossen sind, die MediBAS (Bayerische Absolventenstudie, Teilstudie Medizin) durchgeführt. Diese regelmässige längsschnittliche Befragung von AbsolventInnen der Human- und Tiermedizin hat drei Ziele:

1.
Qualitätssicherung der Fakultäten durch Rückmeldung der ehemaligen Studierenden
2.
Informationen für die bayerischen Ministerien zu planungsrelevanten Aspekten
3.
Integration von Forschungsthemen der medizinischen Aus- und Weiterbildungsforschung durch Vertreter der beteiligten Fakultäten (z.B. Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen, informelles Lernen im Beruf, Work-Life-Balance).

Im Winter 2018/19 wurde zum zweiten Mal ein Abschlussjahrgang bayerischer HumanmedizinerInnen unter anderem zu ihren beruflichen Ziele und Perspektiven befragt.

Fragestellung:

  • Welche Perspektiven haben junge Mediziner für ihre mittelfristige berufliche Zukunft?
  • Wie unterscheiden sich diese zwischen Männern und Frauen oder Personen unterschiedlicher Facharztausbildung?

Methode: Im Winter 2018/19 wurde eine Vollerhebung der AbsolventInnen aller bayerischen Fakultäten für Humanmedizin durchgeführt. Die Teilnehmer bewerteten rückblickend ihr Studium und ihre Kompetenzen, gaben Auskunft über ihre Facharztwahl, Ort und Art ihrer derzeitigen Beschäftigung und darüber, wie und wo sie sich in den nächsten fünf Jahren beruflich sehen: In einer ärztlichen oder nicht-ärztlichen Tätigkeit, in Voll- oder Teilzeit, selbständig/niedergelassen oder angestellt; in einer Großstadt, Kleinstadt oder auf dem Dorf bzw. Land; in Deutschland oder einem anderen Land. Mit einer Rücklaufquote von über 30 Prozent und über 600 TeilnehmerInnen liegt ein belastbarer Datensatz vor, der mit bi- und multivariaten Verfahren ausgewertet wird.

Ergebnisse: Zu diesem frühen Zeitpunkt in ihrer Laufbahn sind 96 Prozent der Befragten auf eine ärztliche Tätigkeit ausgerichtet. Ein Drittel davon möchte selbständig bzw. niedergelassen arbeiten; bei männlichen Absolventen ist dieser Anteil mit 36 Prozent etwas höher. Bei den Frauen stellen sich über 30 Prozent eine Teilzeittätigkeit vor; unter den Männern sind es immerhin auch knapp 14 Prozent, die nicht 40 Stunden (oder mehr) arbeiten möchten. Ins Ausland (v.a. Schweiz und Österreich) zieht es gut 7 Prozent. Knapp die Hälfte sieht sich in einer Großstadt, weitere 39 Prozent in einer Kleinstadt, nur 12 Prozent in einem Dorf oder auf dem Land.

Diskussion: In den Antworten zeigt sich bei den Befragten eine starke Bindung an den Arztberuf und auch an eine Tätigkeit in Deutschland; der Gedanke an einen zeitnahen Ausstieg aus der kurativen Tätigkeit oder eine Abwanderung in Ausland verfolgen nur wenige der jungen Mediziner. Die Attraktivität der ländlichen Regionen ist allerdings bei Männern wie Frauen gering. Mit 14 Prozent ist der Anteil der männlichen Absolventen, die mittelfristig nicht in Vollzeit arbeiten möchten und zumindest in ihren Wünschen nicht dem traditionellen Berufsbild früherer Generationen folgen, nicht zu vernachlässigen. Die Befragten befinden sich erst am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn und zumeist noch vor der Phase der Familiengründung. Vor allem für Frauen erwiesen sich bisher die ersten beruflichen Jahre als sensible Phase, in der eine Abkehr von der kurativen Tätigkeit wahrscheinlicher wird [1].

Praktische Implikationen: Die Studie zeigt ein erstes Stimmungsbild, das in sich allein noch keine direkten Handlungsempfehlungen ermöglicht. Der Aufbau eines Instrumentariums regelmäßiger Untersuchungen ermöglicht es in Zukunft, Veränderungen über die Zeit in Reaktion auf bildungs- und gesundheitspolitische Maßnahmen sowie Maßnahmen einzelner Fakultäten abzubilden. Auch kann festgestellt werden, wie sich berufliche Präferenzen entwickeln, welche Erfahrungen maßgeblich sind und welche Maßnahmen für eine verbesserte Versorgung vom medizinischen Nachwuchs angenommen und umgesetzt werden (können).


Literatur

1.
Gensch K. Veränderte Berufsentscheidung junger Ärzte und mögliche Konsequenzen für das zukünftige ärztliche Versorgungsangebot. Gesundheitswesen. 2005;69(6):359-370.
2.
Gensch K. Geld ist nicht alles – Kritik junger Medizinerinnen und Mediziner an ihren Arbeitsbedingungen. Bayerisches Ärzteblatt. 2005;62(1):41-42.