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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Interprofessionelle Ausbildung: Implementierung und Evaluation einer sektorenübergreifenden Lehrveranstaltung zu Ernährungsmanagement für Medizin- und Pflegestudierende mit der Methode des Forschenden Lernens

Meeting Abstract

  • Bärbel Wesselborg - Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, Gesundheit und Pflege, Düsseldorf, Germany
  • Renate Adam-Paffrath - Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, Pflege und Gesundheit, Düsseldorf, Germany
  • Matthias Grünewald - Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Bildungszentrum, Düsseldorf, Germany
  • Stefan Wilm - Medizinische Fakultät, Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Germany
  • Thomas Rotthoff - Medizinische Fakultät Universität Augsburg, Medizindidaktik und Ausbildungsforschung, Augsburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf496

doi: 10.3205/19dkvf496, urn:nbn:de:0183-19dkvf4960

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Wesselborg et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Vor dem Hintergrund sich verändernder Versorgungsanforderungen, wird seit einigen Jahren die Durchführung von interprofessionellen Lehrveranstaltungen (interprofessional education: IPE) gefordert, welche verstärkt auf kollaboratives Arbeiten in multiprofessionellen Teams vorbereiten sollen [1]. Dabei kann IPE unterschiedlich ausgestaltet werden: Interprofessionelle Zusammenarbeit kann explizit als Unterrichtsgegenstand thematisiert werden oder entlang eines für die beteiligten Professionen relevanten fachlichen Schnittstellenthemas eingeübt werden [2]. Wenig Erfahrung wurde bisher mit der Methode des Forschenden Lernens bei IPE gesammelt. Forschendes Lernen zielt darauf ab, Lernende in Lernsituationen zu führen, in welchen sie in aktiver selbständiger Mitarbeit Themen im Zyklus des Forschungsprozesses bearbeiten und reflektieren [3]. Weiterhin werden kaum sektorenübergreifende Bildungsangebote in der Ausbildung der Gesundheitsberufe realisiert, die die Berufsgruppen befähigen sollen Problemstellungen multiperspektivisch wahrzunehmen und zu bewältigen.

Im Rahmen des hier vorgestellten Lehrprojekts wurde eine Lehrveranstaltung für Medizin- und Pflegestudierende zum Schnittstellenthema ‚Mangelernährung‘ entwickelt, evaluiert und als Wahlpflicht bzw. Pflichtveranstaltung implementiert. Die Mangelernährung stellt eine bisher unzureichend bewältigte Herausforderung mit steigender Tendenz dar, die in deutschen Kliniken häufig unentdeckt bleibt und nicht zuverlässig therapeutisch berücksichtigt wird [4]. Gegenstand dieses Beitrags sind der Aufbau und die Evaluation der Lehrveranstaltung im Sommersemester 2017 sowie im Wintersemester 2017/2018.

Fragestellung: Ziel des interprofessionellen Lehrprojektes war, die Machbarkeit von IPE mittels der Methode des Forschenden Lernens exemplarisch am Schnittstellenthema Mangelernährung sektorenübergreifend zu erproben und aus Studierendensicht zu evaluieren.

Methode: Ausgangspunkt im Lehrprojekt war die Auseinandersetzung mit realen Fällen aus unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitssystems, die aufforderten, die Patientenversorgung am Beispiel des Ernährungsmanagements bei Mangelernährung durch interprofessionelles Handeln zu optimieren. Dabei folgte der Aufbau der Lehrveranstaltung dem Zyklus des fallbasierten Forschenden Lernens, dass ein systematisches und reflektiertes Vorgehen sichert und sozial kontextuiert angelegt ist [3]. Das Lehrprojekt wurde quantitativ mittels Fragebogen und vier neuentwickelten Skalen (Breite 1–5) von den teilnehmenden Studierenden zu Sozialklima, der Relevanz des Themas, der Anwendung des Forschenden Lernens sowie zur Lernbilanz evaluiert.

Ergebnisse: Die Medizin- (n=21) und Pflegestudierenden (n=25) evaluierten das Lehrprojekt positiv. Am höchsten wurde das positive Sozialklima (M=4,6) zwischen den Studierenden und die Relevanz des Themas (M=4,47) eingeschätzt. Die Anwendung des Forschenden Lernens (M=3,9) und die Bilanz der Lehrveranstaltung (M=3,9) wurden zufriedenstellend evaluiert.

Diskussion: Fallbasiertes Forschendes Lernen scheint sich insbesondere für die Förderung von interprofessionellen Kooperationskompetenzen zu eignen, da es durch das Agieren in kleinen interprofessionellen (Forschungs-) Teams soziale Kontextuiertheit ermöglicht [3] und damit im Besonderen ein interprofessionelle Lernsetting widerspiegelt, dass das über-, von- und miteinander Lernen der Gesundheitsberufen fördert [5]. Die Relevanz des Schnittstellenthemas Mangelernährung ist aus Studierendensicht gegeben.

Praktische Implikationen: IPE zu Ernährungsmanagement im sektorenübergreifenden Setting kann bereits in der Ausbildung wichtige Kompetenzen für interprofessionelle Zusammenarbeit und eine evidenzbasierte Versorgung von mangelernährten Menschen bei den zukünftigen Ärztinnen und Ärzten und Pflegenden anbahnen und zu einer höheren Versorgungsqualität beitragen.


Literatur

1.
Wissenschaftsrat. Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums in Deutschland auf Grundlage einer Bestandsaufnahme der humanmedizinischen Modellstudiengänge. 2014. Available from: https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4017-14.pdf Externer Link
2.
Nock L. Interprofessionelles Lehren und Lernen in den Gesundheitsberufen. Qualitative Evaluation des Förderprogramms „Operation Team“ der Robert Bosch Stiftung. GMS J Med Educ. 2016; 33(2):Doc16. DOI: 10.3205/zma001015 Externer Link
3.
Huber L. Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: Huber L, Hellmer J, Schneider F, editors. Forschendes Lernen im Studium: Aktuelle Konzepte und Erfahrungen. 2nd ed. Bielefeld: UVW Univ.-Verl. Webler; 2013. p. 9-35.
4.
Löser C. Malnutrition in hospital – the clinical and economic implications. Dtsch Arztebl Int. 2010; 107(51-52):911-7.
5.
World Health Organization. Framework for Action on Interprofessional Education & Collaborative Practice. Geneve: World Health Organization; 2010. Available from: http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/70185/1/WHO_HRH_HPN_10.3_eng.pdf?ua=1 Externer Link