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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Versorgungslücke und/oder Lehrangebot? Das Projekt „Hebammenstudierende lernen von Schwangeren“ des Studienbereichs Hebammenwissenschaft der Hochschule für Gesundheit Bochum

Meeting Abstract

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  • Angela Rocholl - Hochschule für Gesundheit Bochum, Hebammenwissenschaft, Bochum, Germany
  • Nicola H. Bauer - Hochschule für Gesundheit Bochum, Hebammenwissenschaft, Bochum, Germany
  • Patricia Herking - Hochschule für Gesundheit Bochum, Hebammenwissenschaft, Bochum, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf495

doi: 10.3205/19dkvf495, urn:nbn:de:0183-19dkvf4950

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Rocholl et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Nicht selten ist die gängige Schwangerenvorsorge in Deutschland fokussiert auf Diagnostik und Therapie. Dem subjektiven Erleben der Schwangeren mit den damit verbundenen multifaktoriellen Aspekten wird dabei wenig Beachtung geschenkt [1]. Dieser wichtige Bereich bestimmt jedoch auch die Arbeit einer Hebamme in der Begleitung der Schwangeren. Die akademische Ausbildung der Hebammen an der Hochschule für Gesundheit Bochum (hsg Bochum) legt ihren Schwerpunkt auf den Theorie-Praxis-Transfer [2]. Seit 2017 erhalten die Studierenden des ersten Semesters im Bachelorstudiengang Hebammenkunde die Möglichkeit sich kurz nach Beginn des Studiums im Wintersemester mit realen Schwangeren zu treffen und sich über das Erleben der Schwangerschaft auszutauschen.

Fragestellung: Welche Bedeutung hat der Austausch mit den Studierenden auf das Erleben der Schwangerschaft und der Geburt für die Schwangere? Inwieweit schließt das Projekt eine Versorgungslücke in der momentan praktizierten Mutterschaftsvorsorge? Welche Bedeutung hat das Angebot auf die fachliche Vorbereitung der Studierenden für die praktische Ausbildung?

Methode: Mit einer weitgefächerten Werbekampagne in lokalen Printmedien, Facebook, Instagram, Twitter und der Verteilung von Informationsflyern wurden Schwangere gesucht, die sich zu Projektbeginn in der ca. 20. Schwangerschaftswoche befanden. Ihnen wurde innerhalb einer Informationsveranstaltung das Projekt vorgestellt. Die Studierenden erhielten innerhalb von zwei Veranstaltungen des Moduls „Physiologie der Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“ Informationen zum Projekt und Lehrinhalte zu Interviewtechniken.

Jeweils zwei Studierende trafen sich monatlich bis nach der Geburt mit einer Schwangeren und erfragten Informationen zu körperlichen, sozialen, beruflichen Veränderungen, Vorbereitungen auf die Geburt und zu Vorstellungen vom Leben mit dem Kind. Die Schwangere fungiert dabei als die Expertin ihrer Schwangerschaft. Die Studierenden verfassten einen Bericht auf einer Portfolioplattform Mahara über die Inhalte der Gespräche. Diese erhalten die Frauen bei einer Abschlussveranstaltung im folgenden Frühsommer. Die Studierenden evaluierten das Projekt innerhalb einer Lehrveranstaltung mit einer Dozentin und anhand eines für das Projekt konzipierten Evaluationsbogens. Die Schwangeren erhielten nach der Geburt einen Fragebogen bzgl. der Rahmenbedingungen des Projektes, den Inhalten der Gespräche und der Bewertung der Erzählplattform innerhalb der Schwangerschaft als zusätzliches Angebot. Von Interesse waren ebenfalls mögliche Effekte auf die Schwangerschaft, die Geburt und die Zeit danach.

Ergebnisse: Im Vergleich zu vorangegangenen Jahren fanden signifikant mehr Treffen zwischen Studierenden und Schwangeren statt. Die Studierenden bewerteten das Projekt als ideale Kombination mit den parallel laufenden Fällen im Problem-based Learning (PBL), wodurch sie die Gespräche mit den Schwangeren fachlich einordnen konnten. Die Auswertung der Fragebögen zeigte ein durchweg positives Resümee. Als Herausforderungen kristallisierten sich zeitliche, mediale und thematische Abgrenzungsproblematiken gegenüber der Schwangeren heraus. Der Arbeitsaufwand, die Portfolioplattform zu pflegen wurde als hoch bewertet. Die Ergebnisse der Befragung der teilnehmenden Frauen werden für Herbst 2019 erwartet.

Diskussion und praktische Implikation: Der Bedarf, über das Erleben der eigenen Schwangerschaft zu erzählen, scheint den Schwangeren aufgrund der hohen Nachfrage zur Teilnahme am Projekt wichtig zu sein. Die Auswertung der Fragebögen von den am Projekt beteiligten Schwangeren kann Aufschluss geben, ob dieses Format Auswirkungen auf Geburt und die Zeit danach hat, oder als ein Luxusangebot für eine kleine Gruppe angesehen werden muss. Innerhalb der Reflexionsseminare, die während der Praxisphase stattfinden, werden die Schilderungen der Studierenden zeigen, ob das Projekt als Vorbereitung effizient ist.

Die Ex-Schwangeren treffen im Mai zu einem Dankeschön Nachmittag mit den Studierenden zusammen. Einige von ihnen nehmen an weiteren Angeboten im Studienbereich teil. Die Bewerbung des Projektes für die nächste Studienkohorte beginnt im Juli.


Literatur

1.
Ayerle GM. In: Deutscher Hebammenverband, Hrsg. Schwangerenvorsorge für Hebammen. 3. Aufl. Stuttgart: Hippokrates; 2014.
2.
Dehnbostel P. Lernen im Prozess der Arbeit. Münster: Waxmann; 2007.
3.
Hebammenstudierende lernen von Schwangeren [Pressemitteilung]. 2017 [accessed 31.03.2019]. Verfügbar unter: https://www.hs-gesundheit.de/pressemeldungen/details/hebammenstudierende-lernen-von-schwangeren-3 Externer Link
4.
Lernen von Schwangeren - Das Projekt an der hsg Bochum. 2018 [accessed 31.03.2019]. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=9PDDERqmFlU Externer Link