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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Medienkonsum als potentieller Risikofaktor für Kopfschmerzen im Jugendalter? Ergebnisse einer Längsschnittuntersuchung

Meeting Abstract

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  • Nicola Rosenthal - Vestische Kinder- und Jugendklinik- Universität Witten/Herdecke, Deutsches Kinderschmerzzentrum, Datteln, Germany
  • Anna Kupitz - Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Deutsches Kinderschmerzzentrum, Datteln, Germany
  • Donnamay Brown - Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Deutsches Kinderschmerzzentrum, Datteln, Germany
  • Julia Wager - Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Deutsches Kinderschmerzzentrum, Datteln, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf488

doi: 10.3205/19dkvf488, urn:nbn:de:0183-19dkvf4884

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Rosenthal et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Wiederkehrende Kopfschmerzen sind ein häufiges und zunehmendes Gesundheitsproblem im Jugendalter. Um einer Chronifizierung von Kopfschmerzen und den damit einhergehenden Folgen entgegen zu wirken, ist die Identifikation von Risikofaktoren notwendig. In der Öffentlichkeit wird der steigende Medienkonsum oftmals als ein Grund für Kopfschmerzen bei Jugendlichen diskutiert, obwohl dieser Zusammenhang in wissenschaftlichen Studien nicht hinreichend belegt ist.

Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Nutzungsdauer verschiedener Bildschirmmedien und wiederkehrenden Kopfschmerzen bei Jugendlichen?

Methode: An fünf weiterführenden Schulen beantworteten N=1805 Jugendliche im Alter zwischen 9 und 18 Jahren (M=13,0 SD=1,84) zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von drei Monaten Fragen zu ihrem Medienkonsumverhalten und zu Kopfschmerzen. Zur Erfassung des Medienkonsumverhaltens gaben die Jugendlichen an, wie viele Stunden sie durchschnittlich unter der Woche und am Wochenende pro Tag mit „Fernsehen/Video“, „Computerspielen/Spielekonsole“ und „Handy/Soziale Medien“ verbringen. Mittels logistischer Regressionsanalysen wurde der prädiktive Einfluss des Medienkonsumverhaltens zum ersten Messzeitpunkt auf

1.
das Auftreten wiederkehrender Kopfschmerzen,
2.
die Kopfschmerzhäufigkeit (häufige Kopfschmerzen = mind. mehrmals pro Woche) und
3.
die Kopfschmerzintensität (starke Kopfschmerzen = NRS ≥ 5 drei Monate später (zweiter Messzeitpunkt)

untersucht. Geschlechterspezifische Effekte wurden in gesonderten Analysen betrachtet (Mädchen: n=964; Jungen: n=841).

Ergebnisse: Insgesamt hatten 22,9% der Jugendlichen zum Zeitpunkt der zweiten Datenerhebung wiederkehrende Kopfschmerzen (mind. einmal monatlich über einen Zeitraum von mind. drei Monaten); Mädchen waren häufiger betroffen (31,1%) als Jungen (13,4%). Der durchschnittliche tägliche Medienkonsum dieser Jugendlichen betrug bei der ersten Datenerhebung 3,4 Stunden (SD = 2,70) an Schultagen und 5,3 Stunden (SD = 3,42) an Wochenendtagen. Jungen verbrachten mehr Zeit mit digitalen Medien als Mädchen (p < .001).

Die Regressionsanalysen zeigen, dass die Zeit, die Jungen und Mädchen mit digitalen Medien verbringen, das Risiko des Auftretens von Kopfschmerzen erhöht. Mit jeder zusätzlichen Stunde Medienkonsum pro Tag steigt das Kopfschmerzrisiko um 7%. Bei Mädchen steht das Auftreten wiederkehrender Kopfschmerzen vor allem im Zusammenhang mit der Nutzung von „Handy/ Sozialen Medien“, bei Jungen zeigt sich kein spezifischer Zusammenhang mit der genutzten Medienart. Bei Mädchen steigt zudem pro zusätzlicher Stunde an „Handy / Sozialen Medien“ das Risiko für starke Kopfschmerzen um 30% und das Risiko für häufige Kopfschmerzen um 16%. Dieser negative Einfluss von „Handy/ Sozialen Medien“ zeigt sich nicht in der Gruppe der Jungen.

Diskussion: Die Nutzungsdauer digitaler Medien stellt einen Risikofaktor für Kopfschmerzen dar. Während bei Mädchen sehr eindeutig der negative Einfluss von „Handy/Sozialen Medien“ ausgeht, ist bei Jungen die Art der Mediennutzung nicht ausschlaggebend.

Praktische Implikation: Insbesondere die differenzierte Betrachtung des Medienkonsumverhaltens in beiden Geschlechtergruppen soll es ermöglichen, spezifische Risikoprofile zu erstellen. Zukünftig kann diese Information genutzt werden, um effektive zielgruppenspezifische Interventionen zur Prävention und Behandlung von Kopfschmerzen zu entwickeln.

Diese Studie wurde gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen: 01GY1615).