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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Partizipative Evaluation einer Präventionskette

Meeting Abstract

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  • Elisabeth Rataj - Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V., Evaluation und Praxisforschung, Hannover, Germany
  • Alexandra Schüssler - Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V., Evaluation und Praxisforschung, Hannover, Germany
  • Jan Fischer - Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V., Evaluation und Praxisforschung, Hannover, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf481

doi: 10.3205/19dkvf481, urn:nbn:de:0183-19dkvf4815

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Rataj et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das Vorhaben ist Teil eines Forschungsverbunds für gesunde Kommunen. Es wird gefördert durch das BMBF und widmet sich seit 2015 der partizipativen Gesundheitsforschung. In der aktuellen Förderphase (03/2018 – 02/2021) geht das Projekt der Frage nach, wie Jugendliche an der Angebotsentwicklung in der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Sinne des Stufenmodells der Partizipation in der Gesundheitsförderung beteiligt werden können. Ziel ist die Befähigung der Jugendlichen, selbst bedarfsgerecht Angebote zu entwickeln sowie diese hinsichtlich ihres Erfolgs zu bewerten. Hierfür bestehen Kooperationen mit kommunalen Verantwortlichen sowie in kommunaler Trägerschaft befindlichen Jugendtreffs in drei soziostrukturell unterschiedlichen Stadtteilen.

Fragestellung: Das Forschungsvorhaben untersucht die vertiefende Identifizierung von Faktoren, die den Übergang der von Armutsfolgen betroffenen Jugendlichen im Rahmen integrierter kommunaler Strategien erleichtern. Darüber hinaus wird die Gestaltung und Evaluation bedarfsgerechter Angebote durch die Jugendlichen untersucht sowie die Feststellung der Eignung verschiedener partizipativer Forschungsmethoden für die Befähigung Jugendlicher, ihre eigenen Lebensbelange zu erforschen und zu gestalten. Es werden Erkenntnisse über die Erprobung verschiedener Methoden für die Dissemination der Ergebnisse erwartet.

Methode:

a) Partizipative Angebotsentwicklung: Die Einbindung der Jugendlichen in die Angebotsentwicklung entspringt deren Forderung nach „autonomen Räumen“, die im Rahmen der Jugendkonferenz (2017) aufgenommen wurde. Für das partizipative Forschungsvorhaben wurden von den Kooperationspartnern der städtischen Verwaltung drei Einrichtungen benannt. In drei Fallstudien wird das partizipative Vorhaben in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftler*innen, den Mitarbeiter*innen der Jugendeinrichtung und den Jugendlichen durchgeführt. Für die Analyse der Ausgangssituation finden in den drei Jugendtreffs Begehungen und eine Fragebogenerhebung statt, um u. a. bereits bestehende partizipative Strukturen in den Einrichtungen zu erfassen. In den Jugendtreffs werden nun „autonome Öffnungen“ durchgeführt, welches das selbstständige Öffnen und Betreiben des Jugendtreffs durch die Jugendlichen bedeutet.

Die Mitwirkung bei der Angebotsentwicklung dient dem übergeordneten Ziel der Befähigung der Jugendlichen. Dies wird durch die gezielte Schaffung von Situationen erlangt, in denen Selbstwirksamkeitserfahrungen stattfinden, die anschließend partizipativ evaluiert werden (s. u.). Im Wirkungsmodell des Forschungsvorhabens sind Indikatoren benannt, die für diese Zielerreichung stehen.

b) Partizipative Evaluation (der partizipativen Angebotsentwicklung): Im Projektteil der Evaluation werden den Jugendlichen und den Mitarbeiter*innen der Jugendtreffs Evaluationsmethoden durch die Wissenschaftler*innen vorgestellt. Dazu gehören z. B. medienbasierte Herangehensweisen oder Gesprächsmethoden. Es findet je eine gemeinsame Entscheidung vor Ort für eine Methode statt.

Datenauswertung: Die gesammelten Daten umfassen die Reflexionsergebnisse der drei Einrichtungen zu jedem einzelnen Messzeitpunkt. Die Evaluation dieser Daten wird begleitend durchgeführt und vor Projektende final erörtert. Weiterhin findet eine Analyse der benannten Indikatoren des Wirkungsmodells statt.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der Erhebung der Partizipationsstrukturen in den Jugendtreffs (Fragebogenerhebung) liegen bereits vor. Im August 2019 werden erste Ergebnisse der partizipativen Evaluation mit den Jugendlichen der einzelnen Jugendtreffs erwartet.

Diskussion: Es wird angenommen, dass die Jugendlichen lernen, ihre eigenen Interessen einzubringen und eine erhöhte Selbstwirksamkeitserwartung zu erlangen, wie sich auch in der ersten Förderphase zeigte. Zugleich entwickeln sie ein Verantwortungsgefühl für die Gestaltung der Angebote und diesbezügliche Kompetenzen (Umgang mit Budget, Macht, etc.). Die partizipativen Evaluationsmethoden wirken reflexionsfördernd für die Jugendlichen. Langfristig führt dieser Prozess zu selbstbestimmten Entscheidungsfindungen, die der persönlichen Zukunftsperspektiven zuträglich sind. Die Eignung der partizipativen Methoden für die Befähigung der Jugendlichen zu mehr Verantwortung wird reflektiert und die systemischen Wirkungen des partizipativen Vorgehens wird auf Ebene der Verantwortungsträger diskutiert.

Praktische Implikationen: Interesse an den resultierenden Praxisempfehlungen besteht seitens der städtischen Entscheidungsträger, des Netzwerkes gegen Kinderarmut und der darin vertretenen Organisationen. Herausgestellte Gelingensfaktoren und Herausforderungen werden, z.B. in Form eines Handlungsleitfadens, weitergegeben und in künftigen Entscheidungen berücksichtigt.

„Wissenschaftliches Erkenntnisinteresse besteht seitens des Forschungsverbundes hinsichtlich der Anwendung partizipativer Methoden in der Praxis sowie deren Weiterentwicklung seitens des Forschungsverbundes.“