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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Nichtpharmakologische MAKS®-Therapie bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen: Follow-up-Ergebnisse in der offenen Phase der cluster-randomisierten kontrollierten German-Day-Care-Studie

Meeting Abstract

  • Elmar Gräßel - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
  • Anna Pendergrass - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
  • Katharina Luttenberger - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
  • Elisa-Marie Behrndt - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
  • Melanie Straubmeier - Psychotherapeutische Praxis, Verhaltenstherapie, Neunkirchen am Brand, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf480

doi: 10.3205/19dkvf480, urn:nbn:de:0183-19dkvf4808

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Gräßel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die S3-Leitlinie Demenzen der DGN & DGPPN behandelt verschiedene Arten von „psychosozialen Interventionen“ wie etwa kognitives Training. Interventionen, die mehrere Komponenten kombinieren, werden nicht erwähnt, obwohl es bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten empirische Hinweise gibt, dass Mehrkomponenten-Interventionen eine größere Wirkstärke als ihre einzelnen Komponenten besitzen [1].

Fragestellung: Welche Wirkung auf die kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder leichter oder mittelschwerer Demenz zeigt die Mehrkomponenten-MAKS®-Intervention in der offenen Phase der Anwendung? Offene Phase bedeutet, dass den Tagespflege-Einrichtungen (TP) nach der 6-monatigen randomisiert-kontrollierten Phase freigestellt war, die MAKS®-Intervention anzuwenden.

Methodik: MAKS® besteht aus einer motorischen (M), alltagspraktischen (A), kognitiven (K) und sozial-kommunikativen (S) Komponente (siehe http://www.maks-therapie.de). Die Intervention wird als Gruppentherapie für ca. 10 Personen in einer 2-stündigen Tageseinheit angewandt. Sie wurde in einer cluster-randomisierten, kontrollierten Verlaufsstudie in 32 TPs geprüft [2]. Am Ende der 6-monatigen kontrollierten Phase mit strukturierter Anwendung von MAKS® (vorgegebener Interventionsplan) in den 16 Interventions-TPs wurden auch die 16 TPs der Kontrollgruppe in MAKS® geschult (Warte-Kontrollgruppen-Design). Danach war es allen 32 TPs freigestellt, ob sie MAKS® anwenden oder nicht, und falls ja, in welcher Intensität (offene Phase). Als primäres Outcome für die kognitiven Fähigkeiten wurde die Mini-Mental State Examination (MMSE) zu Studienbeginn und nach 6 sowie 12 Monaten erhoben (Zeitpunkte t6 bzw. t12).

Gerechnet wurde eine multiple lineare Regression mit dem MMSE-Wert zu t12 als abhängiger Variablen. Als unabhängige Variablen wurden unter anderem der MMSE-Wert zu t6 und „MAKS in der offene Phase durchgeführt ja (1) oder nein (0)“ eingesetzt. Durchgeführt wurde eine „per protocol“-Analyse, d.h. ohne Personen, die verstorben sind oder ins Pflegeheim übergetreten waren oder die TP verlassen hatten.

Ergebnisse: 208 Personen in 22 TPs erhielten MAKS. In 10 TPs mit 79 Studienteilnehmer/innen wurde kein MAKS angeboten. Der durchschnittliche MMSE-Wert veränderte sich unter MAKS von 19,8 (6,1) zu t6 auf 19,4 (6,4) zu t12. In der Gruppe ohne MAKS sind die entsprechenden Werte 19,1 (5,5) bzw. 17,9 (6,0). In der multiplen Regression resultierten drei signifikante Prädiktoren: Der MMSE-Wert zu t6 (p < 0,001), MAKS durchgeführt ja/nein (p=0,019) sowie Einnahme von Antidementiva (ja/nein) (0,012). In der Gruppe mit Antidementiva (n=81) nahm der MMSE-Wert im Verlauf von 6 Monaten stärker ab als in der Gruppe ohne Antidementiva (n=206): -1,2 Punkte vs. -0,3 Punkte. Alle anderen unabhängigen Variablen waren nicht signifikant: Alter, Geschlecht, Depressivitätswert des TP-Gastes und Besuchshäufigkeit in der TP zwischen t6 und t12 (1–2 vs. 3–5 Tage/Woche).

Schlussfolgerungen: Die festgestellte Wirkung der MAKS-Intervention in der kontrollierten Phase der Studie ist verknüpft mit der manualisierten und damit quasi standardisierten Durchführung der Intervention [3]. In der offenen Phase der Studie kann keine Aussage über die Intensität der MAKS-Anwendung in den TPs, die angaben, MAKS durchgeführt zu haben, getroffen werden. Da die TPs in der Umsetzung frei waren, dürfte der Umfang zwischen wenigen MAKS-Elementen pro Tag und der kompletten MAKS-Einheit liegen. Trotz dieser Einschränkung konnten in der offenen Phase die kognitiven Fähigkeiten durchschnittlich etwa auf dem Ausgangswert stabilisiert werden, während sie in den TPs ohne MAKS signifikant stärker nachließen. Dieses Ergebnis zeigt, dass MAKS in der Tagespflege auch in der freien Anwendung wirksam ist.

(geteilte Erstautorenschaft)


Literatur

1.
Oswald WD, Hagen B, Rupprecht R. Nichtmedikamentöse Therapie und Prävention der Alzheimer Krankheit. Z Gerontol Geriat. 2001;34:116-121.
2.
Behrndt EM, Straubmeier M, Seidl H, Book S, Graessel E, Luttenberger K. The German day-care study: multicomponent non-drug therapy for people with cog-nitive impairment in day-care centres supplemented with caregiver counselling (DeTaMAKS) – study protocol of a cluster-randomised controlled trial. BMC Health Services Research. 2017;17:492.
3.
Straubmeier M, Behrndt E-M, Seidl H, Özbe D, Luttenberger K, Graessel E. Non-pharmacolgical treatment in people with cognitve impairment – results from the randomized controlled German Day Care Study. Deutsches Ärzteblatt International. 2017;114:815-821.