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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Vereinbarkeit von Beruf und Pflege: Der moderierende Effekt von Erwerbstätigkeit auf die Gesundheit pflegender Angehöriger

Meeting Abstract

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  • Katharina Bidenko - Universität Witten/Herdecke, Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten, Germany
  • Sabine Bohnet-Joschko - Universität Witten/Herdecke, Management und Innovation im Gesundheitswesen, Witten, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf477

doi: 10.3205/19dkvf477, urn:nbn:de:0183-19dkvf4772

Veröffentlicht: 2. Oktober 2019

© 2019 Bidenko et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Ein Großteil der Pflegebedürftigen in Deutschland wird von Angehörigen versorgt; diese leisten einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung in einer zunehmend alternden Gesellschaft. Die Betreuung einer pflegebedürftigen Person ist physisch und psychisch anstrengend und führt häufig zu negativen gesundheitlichen Folgen für die pflegenden Angehörigen [1]. Nicht zuletzt durch die seit Jahren zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen rückt die Vereinbarkeit von Angehörigenpflege und Erwerbstätigkeit in den Fokus der Forschung. Die Studienergebnisse zu den Effekten der Erwerbstätigkeit auf die Gesundheit pflegender Angehöriger sind widersprüchlich. Teilweise wird Erwerbstätigkeit als Zusatzbelastung verstanden [2], [3], gleichzeitig gibt es Hinweise auf eine mögliche entlastende Wirkung [4].

Fragestellung: Ziel dieser Studie ist zu untersuchen, inwieweit die Gesundheitsauswirkungen der informellen Pflege durch den kontextuellen Faktor Erwerbstätigkeit beeinflusst werden.

Methode: Die Datengrundlage bieten zwei Querschnittstichproben des sozioökonomischen Panels (SOEP), einer repräsentativen bundesweiten Bevölkerungsumfrage, aus den Erhebungsjahren 2015 und 2016 (n=19.791). Als Untersuchungsgruppe „pflegende Angehörige“ definiert werden Personen, die mindestens eine Stunde in der Woche eine pflegebedürftige Person informell unterstützen, betreuen oder versorgen. Durch Anwendung von Propensity Score Matching wird eine Vergleichsgruppe identifiziert. Anhand eines multivariaten Regressionsmodells werden die Zusammenhänge in der Gruppe der pflegenden Angehörigen und der strukturangepassten Kontrollgruppe untersucht. Für eine graphische Darstellung werden Untergruppen zum zeitlichen Einsatz im Hinblick auf Angehörigenpflege und Erwerbstätigkeit gebildet.

Ergebnisse: Mittels Propensity Score Matching konnte zu den 1.349 pflegenden Angehörigen in der Stichprobe eine im Hinblick auf soziodemographische Faktoren strukturähnliche Kontrollgruppe in gleicher Größe (n=1.349) identifiziert werden. Die Ergebnisse der multivariaten Regressionsanalyse geben Hinweise auf die moderierende Wirkung von Erwerbstätigkeit im Hinblick auf die negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Angehörigenpflege. Die graphische Darstellung verdeutlicht die Komplexität des nicht-linearen Interaktionseffekts.

Diskussion: Unsere Ergebnisse geben Hinweise auf den Interaktionseffekt zwischen zeitlicher Intensität der Angehörigenbetreuung und Erwerbstätigkeit auf die physische und psychische Gesundheit pflegender Angehöriger. Bisher teilweise nicht-signifikante und teilweise widersprüchliche Studienergebnisse zum Effekt von Erwerbstätigkeit auf die gesundheitlichen Auswirkungen der Angehörigenpflege können durch unsere Analyse der Wirkungszusammenhänge für die Gesamtgruppe pflegender Angehöriger neu eingeordnet werden. Der signifikante moderierende Effekt der Erwerbstätigkeit ist in der Wirkung maßgeblich durch die Gesamtbelastung aus den beiden Tätigkeitsbereichen geprägt.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen die möglichen positiven Effekte der Erwerbstätigkeit auf den Erhalt der Gesundheit pflegender Angehöriger. Sie können in der Diskussion um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege dazu beitragen, angemessene Unterstützungsmaßnahmen für erwerbstätige pflegende Angehörige zu entwickeln.


Literatur

1.
Bom J, Bakx P, Schut F, van Doorslaer E. The Impact of Informal Caregiving for Older Adults on the Health of Various Types of Caregivers: A Systematic Review. Gerontologist. 2018 Nov 3. DOI: 10.1093/geront/gny137 Externer Link
2.
Kenny P, King MT, Hall J. The physical functioning and mental health of informal carers: evidence of care-giving impacts from an Australian population-based cohort. Health Soc Care Community. 2014 Nov;22(6):646-59. DOI: 10.1111/hsc.12136 Externer Link
3.
Kohl NM, Mossakowski KN, Sanidad II, Bird OT, Nitz LH. Does the Health of Adult Child Caregivers Vary by Employment Status in the United States? J Aging Health. 2019 Oct;31(9):1631-1651. DOI: 10.1177/0898264318782561 Externer Link
4.
Barnett AE. Adult child caregiver health trajectories and the impact of multiple roles over time. Res Aging. 2015 Apr;37(3):227-52. DOI: 10.1177/0164027514527834 Externer Link